Am heutigen Dienstag wurde die neue Sächsische Corona-Schutzverordnung beschlossen, die mit weitreichenden Lockerungen einhergeht. Derweil entfällt in Leipzig ab morgen schon die Testpflicht. In drei Testzentren wurden mehrere Verstöße festgestellt und auch der sächsische Verfassungsschutz sorgte heute für einen weiteren Skandal. Außerdem: Die IG Metall rief zum Warnstreik auf der Leipziger Automeile auf. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 8. Juni 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

In der noch bis 13. Juni geltenden Fassung der Sächsischen Corona-Schutzverordnung sind bei einer zwei Wochen andauernden Inzidenz von weniger als 35 weitere Erleichterungen vorgesehen. Die Stadt Leipzig und der Landkreis Nordsachsen haben diese Schwelle nun überwunden. Daher entfällt dort ab morgen die Testpflicht in folgenden Bereichen: Fahr-, Boots- und Flugschulen, in Musik- und Tanzschulen, in Museen und Kulturstätten, für Teilnehmende an Integrationskursen und in der Kinder- und Jugendhilfe, im Einzelhandel, beim Friseurbesuch und weiteren körpernahen Dienstleistungen, in den Innenbereichen der Gastronomie und bei Hotels, bei Eheschließungen, für die Ausübung verschiedener sportlicher Aktivitäten und in Freibädern sowie im Zoo, im botanischen Garten und in Vergnügungsparks.

Das Erfordernis von Hygieneschutzkonzepten und die Anforderung der Kontaktdokumentationen bleiben dennoch bestehen. AuĂźerdem appellierte das Gesundheitsamt an alle BĂĽrger/-innen sich weiterhin an die Hygiene- und Abstandsregeln zu halten.

Nicht geschultes Personal und fehlende Transparenz: drei Testzentren in Leipzig geschlossen

Zunächst sollte man meinen, dass wegen dieser Lockerungen drei der Corona-Testzentren in Leipzig nun schließen. Doch das Leipziger Gesundheitsamt erklärt, dass es die Beauftragung der Teststellen auf den Parkplätzen der toom-Baumärkte (Torgauer Straße 271, Riesaer Straße 102 und Gießerstraße 37) zurücknimmt, da durch das Ordnungsamt mehrere Verstöße festgestellt wurden.

Die Stadtverwaltung erklärt hierzu: „Dazu gehörten unter anderem fehlende Schulungsnachweise der testenden Personen vor Ort, fehlende Identitätsprüfung der zu testenden Personen und eine mangelhafte Transparenz und Unstimmigkeiten bezüglich der Anzahl der durchgeführten Testungen“.

Neue Sächsische Corona-Schutzverordnung im Überblick

In der heutigen Kabinettssitzung hat die sächsische Staatsregierung eine neue Sächsische Corona-Schutzverordnung verabschiedet, die am 14. Juni 2021 in Kraft tritt. Diese soll bis Ende Juni gelten. Die niedrigeren Inzidenzen erlauben weitere Lockerungen und Erleichterungen.

Erlaubt sind bei einem Inzidenzwert unter 100 an fünf Tagen in Folge nun: touristische Übernachtungsangebote und Ausflugsfahrten, Messen, Tagungen und Kongresse, Proben und Auftritte von Chören, Sportveranstaltungen mit Publikum sowie 30 Gäste bei Hochzeiten. Voraussetzungen hierfür sind ein tagesaktueller negativer Coronatest und die Kontakterfassung. Außerdem entfällt die Terminbuchung in Museen und Gruppensport mit Minderjährigen ist bedingungslos im Außenbereich möglich.

Bei einem Inzidenzwert unter 50 an fünf Tagen in Folge sind Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Besucher/-innen, die Öffnung von Bädern und Thermen sowie von Innenspielplätzen, Zirkussen, Spielhallen und ähnlichem erlaubt. Ebenfalls mit tagesaktuellem Test, Kontakterfassung und einem Hygienekonzept. Mensen und Kantinen können ebenfalls eröffnet werden.

Bei einer Inzidenz unter 35 an fünf Tagen in Folge dürfen Saunen, Clubs und Prostitutionsstätten wieder eröffnen, erneut mit verpflichtendem Test, Kontaktnachverfolgung und Hygienekonzepten. Die Kontakterfassung im Gastro-Außenbereich entfällt jedoch. Festivitäten und Feiern auf öffentlichen Plätzen können nur mit Hygienekonzept stattfinden. Im Sport gibt es keine Begrenzungen mehr. Außerdem entfällt die Testpflicht in den meisten Bereichen (siehe oben).

Streik der IG Metall in Leipzig: „So kann es nicht weitergehen!“

Zwei Tarifverhandlungen für das sächsische Kfz-Gewerbe sind ergebnislos verstrichen. Morgen, am 9. Juni sollen die Verhandlungen in die dritte Runde gehen. Daher rief die IG Metall am heutigen Dienstag zu einem Warnstreik auf der Leipziger Automeile in der Richard-Lehmann-Straße auf. Am frühen Nachmittag versammelten sich rund 50 Beschäftigte der Autohäuser von Audi, BMW, Volkswagen und Stern Auto.

Die IG Metall fordert vier Prozent mehr Entgelt und eine überproportionale Anhebung Vergütungen für Auszubildende. Man wolle sich nicht mit den niederschmetternden Zahlen zufriedengeben, die in den Tarifverhandlungen anderer Gebiete und Branchen zustande gekommen waren, so einer der Redner: „So kann es nicht weitergehen. Wenn sie es am Tisch nicht verstehen, dann müssen wir den Druck vor den Häusern, auf der Straße verschärfen und damit zeigen, wie stark wir hinter diesen Forderungen stehen.“

Man erwarte ein akzeptables Angebot durch die Arbeitgeber. Bisher sei von deren Seite nur nichts gekommen. Der Redner räumte zwar ein, dass die Coronakrise zwar für alle hart gewesen sei, doch gerade die Kfz-Branche sei „mit einem blauen Auge“ davongekommen.

Der Warnstreik auf der Automeile am 8. Juni 2021

Video: LZ

Der nächste „Einzelfall“ beim sächsischen Verfassungsschutz

Wie der Spiegel heute mitteilte, hat das Amt für Verfassungsschutz Sachsen illegal Daten über den Wirtschaftsminister und SPD-Vorsitzenden Martin Dulig gesammelt. Demnach wurde heute ein Bericht der Parlamentarischen Kontrollkommission des Landtages (PKK) vorgelegt, der das belegt. Über Dulig wurden beispielsweise Aussagen gesammelt, in denen er Kritik zum Umgang der sächsischen CDU mit Rechtsextremismus äußerte.

Zwar hatten in den vergangenen Monaten bereits der Landtagsabgeordnete Marco Böhme (Linke), Christin Melcher (MdL, Grüne) und die stellv. Stadtvorsitzende der SPD, Irena Rudolph-Kokot im Rahmen ihrer Auskunftsrechte Anfragen beim sächsischen Verfassungsschutz gestartet und erfahren, dass auch über sie illegal Daten gesammelt wurden. Dennoch erschüttert die Aussage des Landesamtes, dass von diesen Datensammlungen nahezu alle Abgeordneten des Landtages betroffen seien.

Die PKK ordnet das Vorgehen des Verfassungsschutzes als eindeutig illegal ein. Bei keinem der aufgeführten Fälle waren die Voraussetzungen des sächsischen Verfassungsschutzgesetzes für eine Speicherung erfüllt.

Eine historische Chance vertan: Kinderrechte nicht ins Grundgesetz aufgenommen

Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag eigentlich vereinbart, Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen zu wollen. In Artikel 6 der Verfassung sollte demnach stehen: „Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“

Für Grundgesetzänderungen benötigen die Regierungsfraktionen Unterstützung der Opposition, da für diesen Fall eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist. Doch die Verhandlungsgespräche mit Grünen und FDP scheiterten.

Bundesjustiz- und Familienministerin Christine Lambrecht (SPD) ist darüber zutiefst bestürzt. Allen Fraktionen habe der Wille zu einer Einigung gefehlt: „Wir hatten heute die historische Chance, die Kinderrechte als sichtbares Leitbild in unserem Grundgesetz zu verankern. Ich bedauere zutiefst, dass der Streit über Detailfragen eine Einigung bei diesem so wichtigen Vorhaben verhindert hat.“

Worüber die LZ heute berichtet hat: Der stellvertretende Ministerpräsident Sachsens, Martin Dulig (SPD), wurde bis mindestens 2018 vom sächsischen Verfassungsschutz überwacht. Einer von vielen skandalösen „Einzelfällen“.

Am 1. Juni hat das sächsische Regierungskabinett ein neues Energie- und Klimaprogramm (EKP) veröffentlicht. Das Bündnis „Sachsen fürs Klima“ hat nun eine Stellungnahme zu dem Papier veröffentlicht, spendiert darin Lob, aber kritisiert auch die klaffenden Löcher.

Am 19. Juni öffnen die städtischen Kulturstätten wieder ihre Türen. So auch die Oper Leipzig, in der der zukünftige Intendant damit sein Vorbereitungsjahr antritt.

Was heute außerdem wichtig war: In der Schneeberger Asylunterkunft hat es am Montagabend erneut gewalttätige Auseinandersetzungen gegeben. 20 Personen seien aneinandergeraten, es gab Verletzte und anschließende Festnahmen durch die Polizei.

Der Freistaat versorgt Lehrer/-innen nun mit rund 37.000 Laptops. Dafür werden finanzielle Mittel in Höhe von 28 Millionen Euro bereitgestellt, so das Kultusministerium.

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) teilte heute mit, dass die Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn (DB) gescheitert seien. Daher müssen sich DB-Fahrgäste auf Streiks und Zugausfälle einstellen. Termine sind noch nicht bekannt.

Was morgen passieren wird: Die Leipziger Zeitung (LZ) überträgt morgen den Livestream der Pressekonferenz von Leipzig nimmt Platz (LnP). Dabei geht es ab 9 Uhr um die Datenerhebungen des sächsischen Verfassungsschutzes und die dazu angestrebten Klagen.

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