Zum zweiten Mal in Folge steht das Osterfest im Zeichen der Corona-Pandemie. Veranstaltungen fanden digital oder unter strengen Hygieneauflagen statt. Bei Demonstrationen in Stuttgart und verschiedenen Städten im Freistaat hielten sich Querdenker/-innen unterdessen erneut nicht an Abstände und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Außerdem: wir erklären, welche Regeln ab 6. April in verschiedenen Teilen Sachsens gelten. Die LZ fasst zusammen, was am Osterwochenende, 2. bis 5. April 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.
Die sächsische Landessynode beschloss am vergangenen Wochenende, zu Ostern sowohl digitale Veranstaltungen anzubieten als auch Präsenzgottesdienste zu organisieren. So fand am Karfreitag, 2. April, in Görlitz der traditionelle Kreuzweg mit seinen Stationen von der Peterskirche bis zum Heiligen Grab online statt. Auch das Gedenken an die Corona-Toten, organisiert durch das Bildungsgut in Schmochtitz bei Bautzen wurde ins Internet verlegt. Einige Ostermärsche wurden unter strengen Corona-Regeln im Freien abgehalten. Die sorbischen Osterreiter sind am Ostersonntag, 4. April, von Ralbitz bei Bautzen zur Prozession ins zehn Kilometer entfernte Wittichenau gezogen. Aufgrund der Pandemie waren in diesem Jahr Negativ-Test und Maske Pflicht.
Der Chemnitzer Ostermarsch am Karfreitag sowie die Leipziger Kundgebung am Samstag mussten stationär stattfinden. Auf dem Leipziger Marktplatz versammelten sich rund 50 Menschen, um wie jedes Jahr zu Ostern gegen Krieg und für Abrüstung zu demonstrieren.
10.000 Maßnahmen-Gegner/-innen in Stuttgart
Doch nicht alle Leipziger/-innen setzten sich über die Feiertage für Frieden ein. Nils Wehner, Kopf der Leipziger „Querdenken“-Bewegung, machte sich auf den Weg nach Stuttgart. In der baden-württembergischen Landeshauptstadt versammelten sich mehr als 10.000 Teilnehmer/-innen, die sich größtenteils nicht an die Hygieneauflagen hielten. Die Behörden waren von 2.500 Maßnahmen-Gegner/-innen ausgegangen, der Versammlungsanmelder hatte 6.000 im Vorfeld angegeben.
Durch vergangene „Querdenken“-Demonstrationen, unter anderem in Leipzig (7. November 2020) und Dresden (13. März 2021), hätte man einiges lernen können: diese Kundgebungen laufen nicht immer friedlich ab. Oft sind Extremist/-innen unter den Demonstrierenden, kaum jemand hält sich an Corona-Schutzregeln. Die erlaubten Teilnehmer/-innenzahlen werden ignoriert, die Polizei vor Ort ist infolgedessen nicht gut genug vorbereitet.
Am Samstag, 3. April, wiederholte sich diese mittlerweile altbekannte Szenerie. Und leider auch die entsprechenden Ausschreitungen: Journalist/-innen wurden angegriffen, eine Polizistin leicht verletzt.
Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) fällte im Nachhinein eine mehr als angebrachte Entscheidung: „Die Stadt beabsichtigt, das rechtswidrige Verhalten mit Bußgeldern zu ahnden und zukünftige Veranstaltungen derselben Anmelder aufgrund der gestrigen Auflagenverstöße zu verbieten.“
Demonstrationen in Sachsen
Die Autokorsos nach Dresden, zu denen verschiedene AfD-Kreisverbände aufgerufen hatten, um gegen die Corona-Maßnahmen zu protestieren, verliefen ohne besondere Vorkommnisse. Die geplante Abschlusskundgebung war von der Stadt verboten worden. Auch die Versammlungen in Trebsen und Borna am Ostersonntag konnten unter Einhaltung der Hygieneauflagen über die Bühne gebracht werden.
Auch in Leipzig wurde heute, 5. April, zu „Anti-Corona-Protesten“ aufgerufen. Gegen 19 Uhr trafen sich ungefähr 30 Querdenken-Teilnehmende an der Thomaskirche. Aber auch der Gegenprotest war vor Ort: knapp 150 Demonstrant/-innen umzingelten die Maßnahmen-Gegner/-innen.
Der Leipziger Rechtsanwalt und Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek war heute ebenfalls vor Ort. Auf LZ-Nachfrage schätzte er die seltsame Situation der „Versammlungen“ der „Querdenker“ und das Verhalten der Polizei auch heute so ein:
„Bei den Querdenkern handelt es sich im juristischen Sinne nicht um eine Spontanversammlung. Damit besteht eine Anzeigepflicht. Der die Querdenker nicht nachkommen. Das ist eigentlich sogar eine Straftat. Konsequenterweise hätte die Behörde daher heute das ganze auch vor Ort untersagen können. Zumal bereits jetzt wieder für nächste Woche aufgerufen wird.“
„Querdenker“-Demo in Leipzig an der Thomaskirche. Video: LZ, Sabine Eicker
Was gilt nach Ostern im Freistaat?
Die aktuelle Corona-Schutzverordnung des Freistaates erlaubt den einzelnen Landkreisen ab Dienstag, 6. April, inzidenzunabhängige Lockerungen. In den Landkreisen Zwickau, Görlitz, Nordsachsen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, dem Erzgebirgskreis und den kreisfreien Städten Chemnitz und Dresden wurden alle möglichen Lockerungen zugelassen.
Das heißt, dort können wieder Botanische Gärten, Zoos, Tierparks, Museen, Galerien und Gedenkstätten mit vorheriger Terminbuchung öffnen. Außerdem ist Click & Meet im Einzel- und Großhandel erlaubt.
Auch Kosmetik- und Tattoostudios und weitere körpernahe Dienstleistungen dürfen wieder öffnen. Individualsport alleine oder zu zweit und in Gruppen von bis zu 20 Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren ist ebenfalls durch die Sächsische Corona-Schutzverordnung vorgesehen. Die Landkreise Mittelsachsen, Meißen, Leipzig, Bautzen sowie der Vogtlandkreis haben bislang keine Öffnungen per Allgemeinverfügung erlaubt.
Für die aufgezählten Lockerungen ist ein tagesaktueller negativer Corona-Test verpflichtend. Außerdem müssen die Öffnungen von den Landkreisen wieder aufgehoben werden, sobald die Zahl von 1.300 COVID-19-Patient/-innen in Krankenhäusern in Sachsen überschritten werden.
Im Moment sind laut Sozialministerium 945 Betten belegt. Ein Alkoholverbot und Ausgangsbeschränkungen gelten in allen sächsischen Landkreisen – da überall eine 7-Tage-Inzidenz von 100 überschritten wurde.
UKL nimmt Intensivpatient/-innen auf
Die sehr hohen Corona-Infektionszahlen im Vogtland (Inzidenz: 320) und im Erzgebirge (Inzidenz: 280) wirken sich erneut auf das Universitätsklinikum Leipzig (UKL) aus. Wie schon in der zweiten Welle hat das UKL auch jetzt schwerstkranke Patient/-innen aus Krankenhäusern der Region Südsachsen übernommen.
Derzeit werden in Leipzig 25 Covid-Erkrankte intensivmedizinisch betreut, so Sebastian Stehr, Chef der Intensivmedizin. Da die Stadt Leipzig außerdem die kritische 100er-Marke überschritten hat, wurde nun die Notbremse gezogen. Seit Samstag, 3. April, haben die Geschäfte wieder geschlossen.
Rezo schlägt wieder zu
Seit dem heutigen 5. April ist ein neues „Zerstörungs“video von Rezo bei Youtube zur neueren Coronapolitik öffentlich. Wie gewohnt ist es ein weiterer Rundumschlag des Youtubers, in diesem Fall zu den Fragen Korruption in der Politik und hier speziell der CDU in Pandemiezeiten.
Besonderes Augenmerk geht dabei auch nach Sachsen und die schwankende bis passive Coronamaßnahmenpolitik von CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer. Wie bei früheren Videos geht es dabei nicht immer ganz korrekt zur Sache, ist aber befreiend wütend in der Darstellung.
„Die nächsten Krisen werden kommen“
Thomas de Maizière (CDU) sprach im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung das unzureichende Krisenmanagement in Deutschland an. Durch eine Grundgesetzänderung könnte dieses verbessert werden, so der Ex-Bundesinnenminister. 1968 verabschiedete der Bundestag die sogenannten Notstandsgesetze – die bis heute nie angewendet wurden.
Die Möglichkeit eines befristeten Ausnahmezustandes sieht das deutsche Grundgesetz bislang nicht vor.
Ein ressortübergreifender Krisenstab solle laut de Maizière das Weisungsrecht bekommen. Die gegenwärtigen Entscheidungsverfahren, beispielsweise die Ministerpräsidentenkonferenz, seien „für die Normalfälle“ gut.
Doch bei einem Cyberangriff, einem Stromausfall, länderübergreifenden Waldbränden oder eben einer Pandemie könnte ein Krisenstab effektiver handeln: „In der Krise braucht man Tempo, Verbindlichkeit, klare Verantwortlichkeiten.“
Mit Blick auf die aktuelle Situation erklärte der Bundestagsabgeordnete: „Wenn das Saarland dann zum Beispiel in der Pandemie Experimente mit Lockerungen machen will, kann er (Anm.d.Red.: der Krisenstab) das geschehen lassen oder untersagen.“ Bestimmte „notstandfeste Grundrechte“, wie die Meinungsfreiheit, sollen hiervon unberührt bleiben.
Wahlkreisbüro beschädigt und Party im Paunsdorfer Wäldchen aufgelöst
Samstagfrüh beschädigten Unbekannte die Fenster des Wahlkreisbüros von Sören Pellmann (Die Linke). Dabei gelangten die Täter/-innen nicht in das Büro des Bundestagsabgeordneten. Der polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen wegen Sachbeschädigung aufgenommen.
In der Nacht zum Ostersonntag hielt eine verbotene Party die Leipziger Polizei auf Trab. Im Paunsdorfer Wäldchen lösten die Beamt/-innen die Veranstaltung auf, die meisten Gäste flüchteten beim Eintreffen der Polizei. Zwölf Personen erhielten Anzeigen wegen des Verstoßes gegen die Corona-Schutzverordnung.
Worüber die LZ am Wochenende berichtet hat: Schwerpunktthema an diesem Wochenende waren die Debatten und Beschlüsse der Stadtratssitzung am Mittwoch, 31. März. Hierbei wurde der Doppelhaushalt 2021/22 abgesegnet.
Erstmals seit 15 Jahren baut Leipzig mit dem Doppelhaushalt seine Schulden nicht weiter ab, sondern verdoppelt sie auf einen Schlag – um 700 Millionen Euro. 500.000 Euro sollen in den angeschlagenen Einzelhandel fließen.
Die Versuche der AfD-Fraktion, das Klimareferat der Stadt wieder abzuschaffen und den Kulturstätten naTo, Werk II und Conne Island die Mittel zu streichen, scheiterten. Auch der Antrag der Grünen für eine Müllvermeidungskampagne wurde abgelehnt.
Doch die Grünen-Fraktion konnte auch Erfolge verbuchen: so werden mit dem neuen Haushalt wieder Kontrollen für den Baumschutz in Leipzig eingeführt. Außerdem soll es schon ab 2022 zwei Ranger im Auwald geben.
Was am Wochenende außerdem wichtig war: Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verlangt, coronabedingt die Abitur-Prüfungen in diesem Jahr notfalls ausfallen zu lassen. Die bisherigen Unterrichtsleistungen könnten beispielsweise zur Grundlage für Abschlussnoten gemacht werden.
Im Gespräch mit dem ARD äußert sich Klimaforscher Andreas Marx besorgt über den kommenden Sommer. Es drohe ein weiteres Dürrejahr, so der Experte. Seit 2018 sei das schon „die vierte Vegetationsperiode in Folge“ – ein Desaster für die Wälder.
Was morgen passieren wird: Ab morgen, 6. April, sollen 35.000 der etwa 50.000 deutschen Hausarztpraxen die Impfzentren im Kampf gegen das Coronavirus entlasten. Zu Beginn soll es etwa 20 Impfdosen pro Arztpraxis pro Woche geben, hieß es von Regierungsseite.
Die Kunstplattform #MeetFrida lädt vom 6. bis zum 15. April zu den „Art Walks“. Diese sollen zu einzelnen Werken zeitgenössischer Künstler/-innen führen und dabei offene Künstlerateliers, Street Art und Galerien einbeziehen.
In Leipzig werden dabei die Stadtteile Plagwitz und Lindenau einbezogen. Digitale Karten sollen die Orientierung bei den Spaziergängen erleichtern.
Hinweis der Redaktion in eigener Sache
Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.
Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.
Vielen Dank dafür.
Empfohlen auf LZ
So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:
Keine Kommentare bisher