Am Ende waren sich fast alle Stadträte einig: Die Opfer der jahrhundertelangen Hexenverfolgung sollen eine Gedenktafel in Leipzig erhalten. Doch die CDU kritisierte auch den Wunsch, jene Opfer zu rehabilitieren. Das sei nur geschehen, weil es „modern“ sei – mit den Opfern sexueller Gewalt in Asylunterkünften befasse man sich hingegen nicht. Dafür gab es Applaus von der AfD.
Erstmals im Jahr 1479 führte die Stadt Leipzig einen Prozess gegen eine Frau wegen „Zauberei“. Sie wurde zu Schlägen, Verbrennungen und Verbannung verurteilt. Die im späten Mittelalter beginnende und bis tief in die Neuzeit reichende „Hexenverfolgung“ forderte auch in Leipzig dutzende, vielleicht hunderte oder gar tausende Opfer.
Der Gleichstellungsbeirat forderte deshalb, für die Opfer der Prozesse in Leipzig „in geeigneter Form durch einen Akt im Geiste der Erinnerung und Versöhnung der in Leipzig der Hexerei angeklagten und ermordeten Menschen zu gedenken und einen Ort des Gedenkens im öffentlichen Raum zu schaffen“. Zudem solle die Stadt die Gewalt verurteilen und die Opfer öffentlich rehabilitieren.
Letzteres lehnt die Verwaltung jedoch ab, da die Stadt „als Rechtssubjekt“ erst seit 1990 bestehe. So ergebe sich „eine falsche Darstellung, wenn die Stadt Personen rehabilitiert, deren Verurteilung sie gar nicht zu verantworten hat“.
Stattdessen möchte die Stadt eine Gedenktafel erstellen, idealerweise im Umfeld des Alten Rathauses. Dort könne im Rahmen einer feierlichen Enthüllung durch den Oberbürgermeister nicht nur an die Opfer erinnert, sondern auch an bestehende Vorurteile gegenüber Menschengruppen in der Gegenwart hingewiesen werden.
In der Diskussion in der Ratsversammlung am Mittwoch, den 13. März, sagte Grünen-Stadträtin Gesine Märtens, dass die Hexenverfolgung „keine Fußnote der Geschichte“ gewesen sei. „Sie war in Europa eine der größten Massentötungen von Zivilistinnen und Zivilisten.“ Gesichert seien 30.000 Hinrichtungen allein in Deutschland. „Das hat nie aufgehört“, beklagte Märtens. In einigen Ländern werde sie noch immer praktiziert.
Im Zusammenhang mit Hexenverfolgung nannte sie auch das Beispiel der Historikerin Annalena Schmidt in Bautzen. Dort hätten Rechtsradikale versucht, die engagierte Stadtratskandidatin aus der Stadt zu vertreiben. Um das zu verhindern, sei die „ganze Kraft der Zivilgesellschaft“ nötig gewesen.
Kritik äußerte die CDU-Stadträtin Andrea Niermann. Sie sei „sprachlos ob des kuriosen Antrags“. Zum einen würde die Rehabilitierung von Opfern der Hexenverfolgung die Rehabilitierung von Opfern der Nationalsozialisten und der SED-Diktatur relativieren. Zum anderen sei das Thema nur aufgegriffen worden, weil es „modern“ sei. Über sexuelle Gewalt in Asylunterkünften werde hingegen nicht geredet.
Die CDU stimmte trotzdem für den Verwaltungsstandpunkt, genau wie alle anderen Fraktionen im Stadtrat mit Ausnahme der AfD.
Verwaltungsbürgermeister schlägt eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Leipziger Hexenprozesse vor
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