Als die Pressemitteilung des AdP in der ersten Morgenstunde des 12. Februar 2019 auf der Webseite erscheint, ist auf den sonst gern genutzten Facebookseiten der neugegründeten AfD-Absplitterung nichts Neues zur angekündigten Demonstration der „Patrioten“ in Leipzig zu lesen. Hier wurde kurz zuvor ein Rezept für ein „Leichtes Rhabarbergelee mit Kornblumen“ veröffentlicht. Der Verdacht, dass der AdP kein wirkliches Interesse an einer Demonstration in Leipzig hatte, wird durch die Pressemitteilung eher erhärtet. Nach dem Auflagenbescheid der Stadt Leipzig, die Versammlung auf dem Leuschnerplatz abzuhalten, ist nun vom verlorenen „Bezug zum Protestobjekt“, also dem „LinXXnet“ in der Braustraße, die Rede.

Ein wenig wirkt es nach wie vor, als ob die ganze Sache von Beginn an als Provokation der neuen Rechtsaußenpartei geplant war. Überhaupt bekannt wurde der Termin des angeblichen Protestes des „Aufbruch deutscher Patrioten“ direkt in Connewitz erst am Freitag vergangener Woche. Durch eine Information der Stadtverwaltung Leipzig, die Partei schwieg lange dazu.

Jede Werbung für die vorgeblich geplante Kundgebung seitens der AdP-Partei davor und auch am zurückliegenden Wochenende unterblieb entgegen sonst gern genutzter Schau-Bildchen und Memes im Netz. Auch die angegebene Uhrzeit ab 14 Uhr schien von Beginn an eher so, als ob man zeigen wollte, wann der erwartete Gegenprotest (Menschen, die in rechtsextremistischen Kreisen als nicht berufstätig gelten) überhaupt Zeit habe, eine Gegendemonstration zu besuchen. Umgekehrt betrachtet ein Grund mehr zu vermuten, dass der AdP selbst nicht mit der Beteiligung des eigenen Anhanges rechnete.

Oder eben sebst davon ausging, dass der eigene Anhang an einem Dienstag 14 Uhr Zeit für eine große Demonstration hat.

Eine nennenswerte Mobilisierung seitens des AdP fand demnach nicht statt und die Teilnehmerzahl wurde in der Anmeldung offenkundig bewusst mit 30 sehr niedrig angegeben. Ein Hinweis auf den Beweiswunsch, wie wenig genüge, um Gewalt von links zu provozieren und sich selbst anschließend als Opfer darzustellen. Im Terminkalender der Partei war die angeblich geplante Demonstration ebenfalls nicht zu finden.

Fast so, als ob das seit Januar 2019 bestehende Auffangbecken für frustrierte AfD-Anhänger vermeiden wollte, dass sich am Ende doch einige Anhänger nach Connewitz verirren würden, trat man also eher leise.

Und setzte auf hastige Medien, die eben solche schnell reproduzierten Nachrichten brauchen, um Reichweiten zu generieren. Man selbst blieb im Vagen, statt Mobilisierungsversuche gabs am Ende eine Rezept für Konfitüre auf Facebook. Anlass genug für Ex-Legida-Chef Markus Johnke, einen Arbeitsauftrag an die eigene Frau zum Kochen zu formulieren.

Abgesagt? Sehr wahrscheinlich

Der Auflagenbescheid der Stadt Leipzig, in welchem natürlich dem Demonstrations-Anliegen selbst stattgegeben wurde, scheint nun das willkommene Türchen für den Beweis einer Art linksextremer No-Go-Area in Leipzig zu sein. Welches der Anmelder weidlich nutzt.

Statt, wie sonst üblich in solchen Fällen, auf den Ort oder eine gewisse Nähe zu ihm zu bestehen, gibt es ein Eingeständnis, dass es tatsächlich um das „LinXXnet“ selbst ging, man aber kein Gericht anrufen wird, um da zu protestieren. Da durch die Verlegung auf den Leuschnerplatz „der Bezug zum Protestobjekt allerdings völlig verloren geht, würde hier das Anliegen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu einem lokalen Ereignis nicht mehr erfüllt werden.“

Eine Standortfrage, die die AdP-Partei offenbar nicht juristisch ausfechten will, von einer möglichen Klage gegen den Bescheid also ist in der Mitteilung nichts zu lesen.

Stattdessen wird aus den Begründungen der Polizeidirektion in der Beschreibung der Gefahrenprognose zitiert. Bei welcher die Stadt tatsächlich weit übers Ziel hinausgeschossen ist. Statt sich auf die Friedlichkeit und den massiven Widerspruch der Stadtgesellschaft in Leipzig am 18. März 2017 zu verlassen, wird der 12. Dezember 2015 hervorgeholt und ein Gespenst an die Wand gemalt.

Ein Tag, an welchem deutschlandweit etwa 800 gewaltbereite Menschen nach Leipzig kamen und sich in der Südvorstadt eine regelrechte Straßenschlacht mit der sichtlich überraschten Polizei lieferten. Ein Novum an organisierter Gewalt von Autonomen in Leipzig, konterkariert von unzähligen friedlichen Gegendemos bei Legida und auch im Leipziger Süden. So auch, als sich am 18. März 2017 tausende Leipzigerinnen gewaltfrei gegen Neonazis stellten.

Und so heißt es, befördert durch eine überschießende Polizeibehörde, in der Pressemitteilung des AdP zur selbst angedeuteten, aber nicht ausgesprochenen Absage der eigenen Demonstration: „Straßenschlachten zwischen der Polizei und militanten Gewalttätern“, „Krawalle und exzessive Gewaltausbrüche durch die linksautonome Szene“, „Einsatz von pyrotechnischen Erzeugnissen und Würfen von Fäkalienbeuteln auf die Polizeibeamten“ und „massiver Bewurf des Wasserwerfers mit Schottersteinen und Gegenständen“ sind bisherige Erfahrungswerte, die eine aktuelle Lageeinschätzung dahinlautend ergeben, „dass mit Blockadeversuchen und anderen – auch gewalttätigen – Störaktionen zu rechnen ist“.

Wobei „Blockaden“ bei einer stehenden Kundgebung wenig Sinn ergeben.

Demgegenüber stehen unzählige friedliche Proteste in Leipzig gegen Rechtsextremisten und exemplarisch eben auch der 18. März 2017. Und die Frage, was sich die „30 Teilnehmer“ des AdP am 12. Februar 2019 in Connewitz oder auf dem Leuschnerplatz hätten vom Gegenprotest zu ihrem „Patriotismus“ anhören müssen.

Wenn sie denn wirklich eine Demonstration vorgehabt hätten. So bleibt nur ein schmunzelnder André Poggenburg übrig, der es verstanden hat, mit den Ressentiments der eigenen Anhängerschaft ebenso zu spielen, wie mit der Presse. Ob das alles noch irgendwie Politik darstellen soll, bleibt hingegen offen.

Die Bestätigung der AdP-Absage auch auf offiziellem Wege seitens der Stadtverwaltung Leipzig steht zur Stunde noch aus.

Nachtrag d. Redaktion: In einer weiteren Pressemitteilung des AdP am 12. Februar 2019 erfolgte nach dem Hin und Her der vergangenen Stunden die endgültige Absage der Demonstration in Leipzig. Die Stadtverwaltung Leipzig bestätigte die Absage der für 14 Uhr angemeldeten Kundgebung des AdP im Anschluss nach 17 Uhr gegenüber der L-IZ.de. 

AdP will demonstrieren: Verlegung Grund für Absage? (Update)

AdP will demonstrieren: Verlegung Grund für Absage? (Update)

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