Dass die falschen Eindrücke, Ausschmückungen und schiefen Bilder eines Claas Relotius im „Spiegel“ niemals ein Einzelfall waren, zeigt der Rückblick auf die Silvesternacht 2017/18. In diesem geht es um die Frage „Was man aus Bildern alles machen kann“. Gleich zum Start des Jahres war Leipzig oder besser der Stadtteil Connewitz in aller Munde. Und natürlich fliegt am heutigen Silvesterabend seit Mittag wieder ein Hubschrauber tief über dem Viertel.

Angesichts eines aufgefahrenen Polizeipanzers, zweier Wasserwerfer, einiger geworfener Flaschen und einer brennenden Tonne am Kreuz schaffte es die letzte Leipziger Silvesternacht als „Randale-Meldung“ bis in die Tagesschau. Wie extrem die medialen Übertreibungen dabei waren, zeigte unter anderem die Reaktion der Leipziger Polizei, welche selbst im letzten Jahr von einer „weitgehend friedlichen Nacht“ sprach und sich anschließend gegenüber Twitter-Usern von den weit dramatischeren Medienberichten distanzierte.

Für alle anderen, zumeist nicht vor Ort präsenten Medien in ganz Deutschland, zählte also im vergangenen Jahr der Frame „Connewitz-Silvester-Randale“ mehr als etwa unzählige zeitgleich angegriffene Rettungskräfte in Berlin. Einmal durch die Deutsche Presseagentur (DPA) auf Topmeldung gesetzt, gab es kein Halten mehr in den Newsrooms der Republik – Connewitz brannte, wenn auch eher medial als real.

Bis heute wurde dieses Bild von keinem der damals berichtenden Medien geradegerückt, andere Vorfälle der gleichen Nacht am Kreuz wurden nicht berichtet. Es ist somit Allgemeingut geworden, dass am frühen Morgen des 1. Januar 2018 in Leipzig bürgerkriegsähnliche Zuständen herrschten. Wenn sich also in den vergangenen Wochen so mancher erschrocken über das Ausmaß der Ausschmückungen eines Claas Relotius zeigte, so darf man dieses Beispiel sicher danebenstellen. Als ein Ergebnis jahrelanger massenhafter (ausgeschmückter) Publikationen von hastig umformulierten Meldungen aus wenigen Presseagenturen.

Übrigens: Im Laufe des Jahres 2018 stellte sich heraus, dass auch das zwei Jahre lang andauernde Demonstrationsverbot der Stadt Leipzig für die Silvesternacht in Connewitz widerrechtlich war, man hatte mal eben das Grundgesetz außer Kraft gesetzt und konnte dann vor Gericht keine entsprechende Gefährdungslage darlegen. Das Verbot gilt seitdem als aufgehoben, was nun auch wieder Spontanversammlungen am heutigen 31.12.2018 in Connewitz ermöglichen könnte.

Zumindest eine Demonstration am Connewitzer Kreuz steht bereits fest: Ab 23 Uhr trifft sich erneut die Partei Die PARTEI wie gewohnt friedlich und ohne Raketen ab 23 Uhr zur „Bier statt Böller“-Versammlung am Connewitzer Kreuz.

Die L-IZ.de wird wieder vor Ort sein.

Zum Artikel der L-IZ.de vom 2. Januar 2018 „Silvester-Randale in Connewitz“

https://www.l-iz.de/bildung/medien/2018/01/Kommentar-%e2%80%9eSilvester-Randale-in-Connewitz%e2%80%9c-oder-Was-man-mit-Bildern-alles-machen-kann-202146

Silvester-Demoverbote für Connewitz waren rechtswidrig

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