Für FreikäuferLEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausg. 62Jörg Tischler ist verhalten zufrieden im Unglück. Der Betriebsrat der Belegschaft der LVZ-Druckerei in Leipzig-Stahmeln hat gemeinsam mit seinen Kollegen erste Erfolge erzielt, mehr jedenfalls bislang, als anfangs im Rahmen der Pläne seitens des Madsack-Verlages möglich schien. Seit Mitte 2018 verdichteten sich die Gerüchte, die 1993 errichtete Druckerei stünde vor dem Aus. 61 Jobs an den Druckmaschinen und Büros des Unternehmens LVDG und weitere – in eine Personalgesellschaft ausgelagerte – Jobs in der Weiterverarbeitung sollten ersatzlos entfallen. Seit Oktober 2018 war klar, Ende 2019 gehen an der Druckereistraße 1 die Lichter aus.

Ein Verwirrspiel begann. Erst hieß es bis Ende September noch, schuld sei der Springerverlag, welcher ein Druckvolumen von rund 260.000 BILD-Zeitungen täglich abgezogen habe. Dann kam durch eine Anfrage der Linksfraktion an die Stadtverwaltung ans Licht, dass es wohl so auch nicht ganz war, der Springerverlag verwahrte sich offenbar gegen diese Darstellung. Denn die Verwaltung formulierte ihre Antwort um. Statt der klaren Zuweisung an Springer und die Ankündigungen, OB Burkhard Jung würde den Kontakt zu Verlagschef Mathias Döpfner suchen, blieb nur noch ein fehlender Auftrag und die fehlende Rentabilität der Druckerei übrig.

Der Termin jedenfalls war abgesagt, nun wollte man sich mal mit Madsack unterhalten im Versuch noch etwas zu retten, was da schon nicht mehr zu retten war.

Denn wahrer ist wohl, dass der Madsack-Verlag im Rahmen einer langfristigen Strategie aus dem Druckmarkt aussteigen möchte, offenbar sieht man im eigenen Druckereibetrieb mehr Risiken als Chancen bereits in den kommenden 10 Jahren. Online first scheint die Devise, welche nach „Madsack 2018“ hinter dem Namen „Madsack next“ stecken soll, der Aufbau eines deutschlandweiten Portals namens „RND“, von manchen lokalen LVZ-Mitarbeitern bereits „Reichsnachrichtendienst“ genannt, steht im Zentrum der Bemühungen.

Um keine eigenen Maschinen mehr vorhalten, pflegen und reparieren zu müssen, wird die „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) nun ab 2019 täglich in Halle/Saale gedruckt, die rund 20.000 täglichen Exemplare der „Dresdner Neuesten Nachrichten“ wandern in die Druckerei der DDV Medien Holding nach Dresden (hier wird auch die LZ gedruckt). Die BILD ist in Berlin Spandau gelandet, wo man nach LZ-Informationen eher überrascht war vom neuen Auftrag aus dem eigenen Springer-Haus.

Wie weiter in Stahmeln?

Die Grundforderungen der Belegschaft angesichts des offenbar schon vor drei Jahren beschlossenen Umbaus bei Madsack lauteten seither: Bildung einer Transfergesellschaft für alle Angestellten, Abfindungszahlungen und Übergangsregelungen, wie sie schon bei der Schließung des Hannover Standortes galten. Und die Wut wuchs, als klar wurde: die Geschäftsführungen der Leipziger Verlags- und Druckgesellschaft (LVDG) und die Konzernzentrale in Hannover wollten sich mit etwa 50 Prozent dessen rasch vom Acker machen.

Lange blieb auch strittig, ob die erst Anfang 2017 „ausgelagerten“ 33 ehemaligen LVDG-Mitarbeiter in der Weiterverarbeitung (Prospekteinbringungen, Versandfertigstellung usw.) überhaupt noch zum Unternehmen zählen würden. Diese sind seither neben weiteren 160 Kollegen bei der LPFG angestellt und arbeiten hauptsächlich für die LVZ-Druckerei.

Am 1. Dezember 2018 kam es laut Geschäftsführung der LVDG zum härtesten Ausstand der Firmengeschichte. Knapp 30 Druckereikollegen und davon neun aus der aktuellen Schicht versammelten sich vor, statt in der Halle und schauten dabei zu, wie der LVDG-Geschäftsführer Björn Steigert letztlich nicht ganz erfolgreich versuchte, 330.000 Exemplare der kostenfreien Werbezeitung „Sachsen Sonntag“ zu drucken.

Ein Streik, der wohl gesessen hatte: Jetzt, kurz vor Weihnachten, steht zumindest als Teilergebnis weiterer Gespräche fest, dass der Sozialtarif für die 61 Mitarbeiter der LVDG und die 33 ehemalige LVDG-Mitarbeiter der LPFG gilt. Weitere Ergebnisse benennt Jörg Tischler am 19. Dezember gegenüber LZ so: Es gibt einen „Abfindungsfaktor auf Konzernniveau, ab 01.12.2019 eine Transfergesellschaft mit Nettoaufstockung für eine Laufzeit von 12 Monaten“.

Weiterhin soll es bis dahin ab dem 01. Januar 2019 eine Lohnerhöhung von 5 Prozent geben. Jörg Tischlers Fazit bis hier: „Das Ergebnis für die 94 tarifgebundenen Mitarbeiter kam nur durch den Druck des Arbeitskampfes zu Stande, vielen Dank an alle die uns unterstützt haben.“

Probleme sieht Tischler dennoch weitere. Die „Verhandlungen über die restlichen Mitarbeiter (ca. 160) der LPFG zum Sozialplan gehen im Januar weiter. Die bisherigen Angebote sind völlig ungenügend.“

Madsack auf der Suche nach möglichen Streikbrechern in Dresden? Nach dem Streik in der LVZ-Druckerei: Verhandlungen

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LVZ-Druckereischließung in Leipzig: Hohe Wellen nach dem ersten Streik + Video

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