VideoIm November 2017 war es, als die L-IZ.de vom Aufatmen der Stadträte im Fachausschuss Planung und Bau der Stadt Leipzig berichtete. Die Schlagzeile: „Endlich Einigung im Streit zwischen Stadt und Stadtbau AG“ kündete von großen Taten. Denn nachdem man seit 2011 in der Dauerdebatte ohne Spatenstiche am Bayerischen Bahnhof verheddert war, hatte ein Mediationsprozess scheinbar Großes hervorgebracht. Von Flächenerwerbungen und Schulneubau war die Rede, ein praktisch im Zentrum der Stadt liegendes Quartier mit 3.000 Wohnungen am Bayerischen Bahnhof sollte kommen, 30 Prozent bezahlbare Wohnungen für Haushalte mit geringerem Einkommen bald entstehen. Nun ist ein weiteres Jahr vergangen.
SPD-Stadtrat Heiko Oßwald fasste die Jubelfeier vor genau einem Jahr so zusammen: „Es ist wichtig, dass auf dem Gelände des Bayerischen Bahnhofs Wohnungen für unterschiedliche Einkommen entstehen, weil damit eine Durchmischung des Viertels möglich wird. Wir sind erleichtert, dass nun endlich ein Kompromiss gefunden wurde und die ersten Bauschritte 2017 beginnen werden. Mit mehreren Kindergärten und Schulen, zahlreichen Wohnungen und vielen Grünflächen wird dieser Stadtteil eine wichtige Funktion, sowohl für das Zusammenwachsen der Leipziger Südvorstadt als auch für das weitere Bevölkerungswachstum der Stadt haben.“
Was folgte, war öffentliche Stille und ein intensiver Gesprächsprozess zwischen den Parteien. Das Leipziger Bevölkerungswachstum hat sich seither stark eingebremst – wo keine Wohnungen sind, zieht auch keiner mehr zu, wohingegen es immer mehr Jobs in der Stadt gibt. Neben den seitens der Stadt Leipzig dringend benötigten Schul- und Kitakapazitäten sah man hier auch eine Möglichkeit, neben dem Freiladebahnhof den sozialen Wohnungsbau deutlich voranzubringen. Wo im Gebiet an der Delitzscher Straße 700 Wohnungen entstehen sollen, die nach den Vorgaben der „Kosten der Unterkunft“ preiswert bewohnbar sein sollen, gibt es auch konkrete Erwartungen an die Bauplanungen am Bayerischen Bahnhof.
„Eine wichtige Voraussetzung für eine Sozialwohnungsbauförderung ist die Wohnungsgröße. Im Wettbewerbsverfahren Dösner Weg war den Architekten daher vorgegeben, dass mit Wohnungsgrößen von 45, 60 und 75 Quadratmeter (+ 10 Quadratmeter für jede weitere Person) eine wichtige Voraussetzung für die Zahlung der Kosten der Unterkunft eingehalten wird.“, so Linken-Stadtrat Siegfried Schlegel zu den Vorgaben im Jahr 2017.
Weitere gute Nachrichten gab es damals auch: Grünflächen sollen vor allem rechts und links des S-Bahn-Trogs entstehen, sie sollen als Parkanlage mit integrierten Spielflächen angelegt werden. Im Südteil des Bau-Geländes soll sogar noch eine weitere Grundschule gebaut werden und für die im Süden dringend benötigte Schwimmhalle gibt es schon Visionen, war damals auf der L-IZ.de zu lesen – fast schien es, als ob nun jeden Tag die ersten Erdarbeiten beginnen würden.
Am 22. November 2018 war deshalb mit Spannung erwartet, was Oberbürgermeister Burkhard Jung zum Fortschritt – der offenkundig noch immer einer hinter den Kulissen ist – zu sagen hatte. Dies übernahm dann Fachbürgermeisterin Dorothee Dubrau für ihn. Und mancher Stadtrat hatte wohl trotz bereits wieder gesunkener Erwartungshaltungen etwas Konkreteres hören wollen.
Karsten Albrecht (CDU) brachte es aus seiner Sicht auf den Punkt: „Und jetzt sagen Sie mir bitte den Baubeginn der Schule.“. Nach der Antwort nahm der Landtagskandidat allerdings kopfschütteln Platz, als die Bürgermeisterin ihm mitteilen musste, dass es noch immer inhaltliche Probleme bei der Gesamtfläche dafür und der Anzahl der Räume der Schule gäbe.
Dass langsam so mancher im Rat frustriert auf die Auskünfte reagiert, hat sicher mit dem fast schon lax anmutenden Gebahren rings um das zukünftige Stadtquartier zu tun. Während an vielen Stellen zunehmend verdichtet und zugebaut wird, liegt hier ein riesiges Areal am Leipziger Zentrum seit Jahren brach. Mal wurden unterschriftsreife Verträge letztlich nicht gegengezeichnet, mal waren es Details, die scheinbar unüberwindlich schienen. Doch nun soll es endlich gelingen.
Verbindlichkeiten?
Man habe einen „Vertrag zur Ergebnissicherung“ abgeschlossen, also eine Art Vorvereinbarung, welche die „Regeln der Zusammenarbeit“ beschreibt und eine Darstellung der Projektstruktur erbringen soll, so Dubrau.
Die ganze leidvolle Geschichte des Vor und Zurück in dieser Sache seit 2011 fand sich in der Frage von Stadtrat Dieter Deissler (Grüne) wieder: „Der von beiden Seiten unterzeichnete Vertrag, welche Wirkung hat der? Sind das Absprachen oder ist das lediglich eine Unterzeichnung eines Protokolls?“.
„Es ist schon ein bisschen mehr“, sagte Dubrau und auch in der Antwort lag die seit Jahren gelernten Skepsis aller, die sich mit dieser Sache mal eingehnder befasst haben. „Es geht um die Ergebnissicherung dessen, was in der Vergangenheit besprochen war, das ist ganz wichtig.“ Alle Anträge der Fraktionen im Stadtrat seien im Vertrag eingearbeitet worden. Den endgültigen Vertrag möchte die Verwaltung nun im I. Quartal 2019 zur Beschlussfassung im Stadtrat vorlegen.
Mal sehen, ob die Stadtbau AG das auch will. Denn bei diesem Projekt gilt aus Erfahrung: nur was unterschrieben ist, wird am Ende auch eine Schule oder ein ganzes Stadtquartier. Vielleicht können es die Stadträte ja zum Ende ihrer Legislatur und vor den Kommunalwahlen am 26. Mai 2019 doch noch überraschenderweise erleben, dass zumindest ein erster Bagger aufs Gelände rollt.
Dorothee Dubrau zum Stand beim Bayerischen Bahnhof am 22.11.2018 im Stadtrat
Quelle: Livestream der Stadt Leipzig
Endlich Einigung im Streit zwischen Stadt und Stadtbau AG: Am Bayerischen Bahnhof können 2017 endlich die ersten Bauarbeiten beginnen
Am Bayerischen Bahnhof können 2017 endlich die ersten Bauarbeiten beginnen
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