Hunde wird es nicht betreffen. Und Tretroller auch nicht. Augenscheinlich war so mancher Stadtrat am 19. Januar zu diversen Querschlägern bereit, als ein ganz und gar nicht unvernünftiger Antrag der SPD-Fraktion zur Debatte stand: Wird es in Leipzig künftig möglich sein, außerhalb der täglichen Hauptnutzungszeiten das Fahrrad kostenlos mit in die Straßenbahn zu nehmen?

Dabei hatte SPD-Stadtrat Heiko Bär in seiner Rede zum SPD-Antrag durchaus seinen Spaß dabei. Die Fälle zu beschreiben, bei denen die kostenlose Fahrradmitnahme in Tagesrandzeiten durchaus Sinn ergeben könnte – für Leute, die an der Ausstiegshaltestelle noch ein ganzes Stück Weg zurückzulegen haben, für Fahrräder mit platten Reifen, für Radler, die nach Dienstschluss mit Kollegen noch etwas gefeiert haben.Vielleicht war es dieser leichte Humor, der dann einige Stadträte zu recht seltsamen Redebeiträgen animierte – wobei Falk Dossins Vorschlag, auch Tretroller in die kostenlose Mitnahme einzuschließen, noch nicht einmal der schrägste Vorschlag war.

Der schrägste war der bierernste Redebeitrag des AfD-Stadtrats Christian Kriegel, der erst erklärte, warum der SPD-Antrag der blauen Fraktion nicht weit genug ging, um daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, er müsste deshalb abgelehnt werden.

Logisch ist das wirklich nicht.

Die Freibeuter-Fraktion hatte ja im Umfeld des SPD-Antrags auch noch gefragt, ob denn dann die neuen Straßenbahnen, die die LVB ab 2024 kaufen wollen, mehr Platz zur Fahrradmitnahme bieten würden. Das machte FDP-Stadtrat Sascha Matzke in dieser am Ende doch etwas längeren Debatte noch einmal zum Thema.

Obwohl die Antwort bekannt ist: Auch dann wird sich erst einmal nichts daran ändern, dass auch die neuen Straßenbahnen zuallererst zum Transport der Fahrgäste da sind und die Aufstellfläche zuallererst für Rollstühle, Rollatoren und Kinderwagen reserviert sind.

Einfach mal ausprobieren

Fahrradfahrer haben das Nachsehen. Und – wie Linke-Stadträtin Franziska Riekewald betonte – wird das möglicherweise auch kein Manko sein. Denn ein Ergebnis des beantragten Modellversuchs könnte ja auch sein, dass es gar nicht so viele Radfahrer/-innen sind, die dann das kostenlose Mitnahmeangebot nach dem Berufsverkehr in Anspruch nehmen.

Aber das muss eben erst ausprobiert werden. Und der Verwaltungsstandpunkt befürwortete das Modellprojekt ausdrücklich. Nannte aber noch keinen Zeitpunkt, wann es starten könnte, auch wenn Heiko Bär zweimal nachfragte, wann mit einem Start zu rechnen wäre.

Aber das wird auch Planungsbürgermeister Thomas Dienberg erst sagen können, wenn er mit den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) und dem Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV) geredet hat. Denn beide haben ein Wörtchen mitzureden, wenn es um Fahrpreise in Leipzig geht.

Im Verwaltungsvorschlag steht dazu zu lesen: „Der OBM wird beauftragt, gegenüber LVB und MDV darauf hinzuwirken, dass für einen Testzeitraum von einem Jahr in den Schwachverkehrszeiten gemäß Nahverkehrsplan (NVP) (zweite Fortschreibung – VI-DS-08001) von Montag bis Sonnabend in den Zeiträumen von 19:30 bis 06:00 Uhr und am Sonntag ganztägig eine kostenfreie Fahrradmitnahme in den Straßenbahnen und Bussen in der Tarifzone 110 ermöglicht wird.“

Wenn beide Institutionen zugesagt haben, kann der Test beginnen.

Rollstühle und Kinderwagen behalten Vorrang

Und dass der Test nicht im Berufsverkehr stattfinden wird, begründet die Verwaltung ja ebenfalls.

„In der Hauptverkehrszeit sind viele Linien bzw. Fahrzeuge bis zur Kapazitätsgrenze ausgelastet. Der begrenzte Platz in den Straßenbahnen und Bussen soll in erster Linie den Fahrgästen zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund wird nur eine kostenlose Fahrradmitnahme in den Tagesrandlagen, konkret in der Schwachverkehrszeit, empfohlen. Zu diesen Zeiten ist grundsätzlich ein geringeres Fahrgastaufkommen zu verzeichnen, weshalb hier eine kostenfreie Fahrradmitnahme in den Straßenbahnen und Bussen in der Tarifzone 110 ermöglicht werden kann.

Dabei haben jedoch Personen mit Kinderwagen, Rollstühlen und Rollatoren stets Vorrang und werden dementsprechend bevorzugt mitgenommen. In den Fahrzeugen dürfen außerdem nur so viele Fahrräder befördert werden, wie es ohne Gefährdung und Belästigung anderer Fahrgäste möglich ist.“

Eigentlich alles ganz logisch.

Aber trotzdem erstaunt dann doch die Menge der Wortmeldungen, die auch Versammlungsleiter OBM Burkhard Jung nervös machte, denn das meiste davon kann sehr wohl im Verkehrsausschuss des Stadtrates diskutiert werden. In der Ratsversammlung frisst es nur Zeit, ohne irgendetwas Wesentliches zur Debatte beizutragen.

Fahrradsicherungen in den Straßenbahnen kommen

Das gab es nur bei einem kleinen Detail, das in diesem Fall FDP-Stadtrat Sven Morlok ins Gespräch brachte. Denn – anders als in den S-Bahnen des Mitteldeutschen S-Bahn-Netzes – gibt es in Leipzigs Straßenbahnen bislang keine Sicherungen für Fahrräder. Fahrradbesitzer müssten eigentlich die ganze Zeit stehen bleiben und ihr Gefährt festhalten, damit es nicht umfällt. Was aber die wenigsten tun.

Und so gab es in der Diskussion durchaus eine überraschende Zusage von Thomas Dienberg, dass nicht nur die neuen Straßenbahnen ab 2024 solche Fahrradsicherungen bekommen sollen, sondern auch die schon im Netz eingesetzten Bahnen entsprechend aufgerüstet werden sollten.

Da der Verwaltungsstandpunkt den Sinn des SPD-Antrags aufgenommen hatte, stellte ihn Heiko Bär auch zur Abstimmung. Und wie so oft stimmten vor allem die beiden Autofahrerfraktionen gegen diesen kleinen Fortschritt für die Radfahrer, die deutliche Mehrheit aber stimmte mit 40:24 Stimmen dafür, dass Leipzig demnächst ein einjähriges Modellprojekt zur kostenlosen Fahrradmitnahme in den Straßenbahnen bekommt.

Die kostenlose Hundemitnahme, die Thomas Kumbernuß (Die PARTEI) beantragt hatte, fand hingegen keine Mehrheit. Auch deshalb nicht, weil Hunde im LVB-Abo sowieso schon mitgenommen werden können.

Die Debatte vom 19.01.2022

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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