Seit ein paar Tagen schon wurde gemunkelt. Seit Mittwoch, 21. August, ist es jetzt offiziell: Das US-amerikanische Luft- und Raumfahrtunternehmen Sierra Nevada Corporation (SNC) und die 328 Support Services GmbH (328SSG) haben am Mittwoch, 21. August, ihre Pläne zur Gründung eines neuen Flugzeugherstellers am Flughafen Leipzig/Halle bekannt gegeben.

Die Tochtergesellschaft DRA GmbH will am mitteldeutschen Airport die Endfertigung des Regionalflugzeuges vom Typ D328NEU ansiedeln. Die DRA GmbH beabsichtigt, ab 2020 in Leipzig/Halle rund 80 Millionen Euro in Infrastruktur, Produktionshallen, Maschinen und den Aufbau der Endmontagelinie zu investieren. Langfristig sollen hier bis zu 250 direkte Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die 328SSG, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Sierra Nevada Corporation, ist Inhaber des Musterzertifikates für die Dornier 328. Die Dornier 328 wurde von 1993 bis 2005 in Oberpfaffenhofen hergestellt als ziviles Flugzeug mit Jet- oder Turbopropantrieb bei Dornier, bevor dieses Unternehmen seine zivile Flugzeugsparte abstieß, die vom US-Unternehmen Fairchild übernommen wurde, die aber 2002 Insolvenz anmeldete. Die Rechte an der Dornier 328 gingen auf die 328 Support-Gesellschaft über.

Es klingt zumindest erstaunlich, dass mitten in der Klima-Debatte in Leipzig eine neue Flugzeugproduktion aufgebaut werden soll.

Martin Dulig, Sächsischer Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und Vize-Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Götz Ahmelmann, Vorstandsvorsitzender der Mitteldeutschen Flughafen AG, Jon Burgoyne, Executive Vice President Sierra Nevada Corporation Inc., und Dave Jackson, Geschäftsführer der DRA GmbH, haben am Mittwoch zumindest erst einmal eine Absichtserklärung unterzeichnet, um die Endmontagelinie der weiterentwickelten Dornier 328 am Flughafen Leipzig/Halle zu errichten. Thomas Jarzombek, Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt, nahm an der Veranstaltung teil.

Wirtschaftsminister und Vize-MP Martin Dulig und Dave Jackson, Geschäftsführer der DRA GmbH, im Cockpit der D328NEU. Foto: SMWA/Bonss
Wirtschaftsminister und Vize-MP Martin Dulig und Dave Jackson, Geschäftsführer der DRA GmbH, im Cockpit der D328NEU. Foto: SMWA/Bonss

Die Begründung für den Schritt, die eingestellte Dornier-328-Produktion in Leipzig wieder aufzunehmen: Im Marktsegment der Regionalflugzeuge mit 30 und mehr Sitzen werden in den nächsten Jahren altersbedingt zahlreiche Flugzeuge außer Dienst gestellt. Für diesen Markt will die 328 Support Services GmbH an ihrem Hauptsitz im bayerischen Oberpfaffenhofen (Landkreis Starnberg) das neue Regionalflugzeug D328NEU entwickeln. In Oberpfaffenhofen finden die Prototypenfertigung und die notwendigen Flugtests statt. Dafür werden 120 neue Stellen im Engineering- und Technik-Segment geschaffen. Auch der weltweite Support für die D328-Flotte verbleibt in Oberpfaffenhofen.

Darauf aufbauend soll durch die neue Tochtergesellschaft DRA GmbH die Endfertigung der neuen D328NEU am Flughafen Leipzig/Halle vorgenommen werden. Sie soll im Passagier- und Frachttransport sowie im Rahmen von Rettungs-, Grenz- und Suchdiensten zum Einsatz kommen.

Das Vorhaben soll voraussichtlich von Anfang 2020 bis Anfang 2023 (geplanter Produktionsbeginn) umgesetzt werden.

Nach Angaben des sächsischen Wirtschaftsministeriums erwirtschaften in Sachsens Luft- und Raumfahrtbranche 160 Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit etwa 7.000 Mitarbeitern jährlich etwa 1,4 Milliarden Euro Umsatz. Die meisten Beschäftigten sind an den beiden sächsischen Flughäfen zu finden. Die überwiegend mittelständische Zuliefererlandschaft ist Partner der Flugzeughersteller und an internationalen Projekten wie dem A350-Programm beteiligt. Die Kernkompetenzen liegen in der Aus- und Umrüstung von Flugzeugen, in der Komponentenfertigung, in Tests von Flugzeug- und Raumfahrtstrukturen, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, im Luftverkehr selbst sowie in der Flugzeugwartung.

Jon Burgoyne, Executive Vice President Sierra Nevada Corporation Inc., Luft- und Raumfahrtkoordinator Thomas Jarzombek, Dave Jackson, Geschäftsführer der DRA GmbH, Nico Neumann, Fertigungsleiter D328NEU, Martin Dulig, Sächsischer Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und Vize-Ministerpräsident des Freistaates Sachsen vorm Regionalflugzeug vom Typ D328NEU. Foto: SMWA/Bonss
Jon Burgoyne, Executive Vice President Sierra Nevada Corporation Inc., Luft- und Raumfahrtkoordinator Thomas Jarzombek, Dave Jackson, Geschäftsführer der DRA GmbH, Nico Neumann, Fertigungsleiter D328NEU, Martin Dulig, Sächsischer Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und Vize-Ministerpräsident des Freistaates Sachsen vorm Regionalflugzeug vom Typ D328NEU. Foto: SMWA/Bonss

Die Statements der Beteiligten:

Dave Jackson, Geschäftsführer der DRA GmbH, erklärte dazu: „Die Unterzeichnung der Absichtserklärung war ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer zukunftsorientierten und nachhaltigen Produktion in Deutschland. Die weiterentwickelte D328NEU, ein Flugzeug mit der DNA und der Zuverlässigkeit der Dornier 328, wird die ideale Plattform bieten, um unter Berücksichtigung neuester Technologien eine wirtschaftliche Produktion in Deutschland über Jahre hinaus sicherzustellen. Wir sehen positiv in die Zukunft und danken für die Unterstützung, die wir bisher auf Bundes- und Landesebene erhalten haben, um ein solch wegweisendes Projekt in Deutschland realisieren zu können. Unsere Investition wird auch Arbeitsplätze bei Dienstleistern und Zulieferern in der Region sichern und es wird Raum für Neuansiedlungen geben.“

Luft- und Raumfahrtkoordinator Thomas Jarzombek: „Dass mit der D328NEU ein neues, hochmodernes Flugzeug in Deutschland entwickelt und gebaut wird, ist ein industriepolitischer Erfolg und eine große Chance – gerade auch für unsere Zulieferer. Die Bundesregierung hat sich für das Projekt stark gemacht und wird es auch weiterhin aktiv begleiten und unterstützen. Ich wünsche allen Beteiligten viel Erfolg!“

Sachsens Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident Martin Dulig: „Der Freistaat Sachsen hat seit der Wiedervereinigung rund 1,5 Milliarden Euro in den Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle investiert und damit ideale Voraussetzungen für weitere Ansiedlungen geschaffen. Der Standort Leipzig/Halle bietet ideale Bedingungen: ein Grundstück in Flughafennähe, ein innovatives Klima für Gründer und eine hohe Lebensqualität. Der Investor kann in Sachsen auf eine hohe Luft- und Raumfahrtexpertise zurückgreifen und findet hier eine hervorragende Forschungslandschaft vor. Heute ist ein ganz besonderer Tag für die sächsische und die deutsche Luftfahrt insgesamt. Die Ansiedlung der Flugzeugfertigung für die D328NEU in Leipzig/Halle wird die Luftfahrtbranche in Deutschland insgesamt stärken.“

Götz Ahmelmann, Vorstandsvorsitzender der Mitteldeutschen Flughafen AG: „Die geplante Produktion der D328NEU zeigt einmal mehr: Der Flughafen Leipzig/Halle ist ein starkes Stück Deutschland. Ich freue mich über dieses großartige Projekt! Der heutige Tag zeigt, wie attraktiv der Flughafen Leipzig/Halle mittlerweile für Investoren geworden ist. Ganz Mitteldeutschland profitiert durch hochqualifizierte Arbeitsplätze in einer Zukunftsbranche.“

Thomas Horn, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH: „Dies ist eine herausragende Ansiedlung, die uns nach mehrjähriger Vorbereitung auch stolz macht. Erstmals seit dem Ende des Flugzeugbaus in der DDR entsteht wieder eine solche Fertigung im Osten Deutschlands. Das zeugt von großem Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Sachsen und knüpft an die weit zurückreichende Tradition des Flugzeugbaus in Sachsen an. Der Industriestandort Leipzig und seine hervorragende Infrastruktur erhält mit dieser Entscheidung einmal mehr internationale Anerkennung und Beachtung.“

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