Am Montag, dem 6. Februar, veröffentlichten die Vertreter und Vertreterinnen der Schienen- und Güterverkehrsverbände „Allianz pro Schiene“, „DIE GÜTERBAHNEN“, „Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer“ und „VPI – Verband der Güterwagenhalter in Deutschland e. V.“ eine gemeinsame Presseinformation unter dem Titel „Schienengüterverkehr: Wir können mehr, als Wissing uns zutraut“.
Benannte Pressemitteilung ist eine Generalkritik an Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), der den Ausbau von Autobahnen forciert, mit der Begründung, die Schiene könne es nicht leisten. Die Verbände wollen dies nicht so stehen lassen und fordern, dringend alle Maßnahmen für den Schienenverkehr zu beschleunigen.
Verband: Schienenausbau dringend geboten
Dazu Peter Westenberger, Geschäftsführer des Verbands DIE GÜTERBAHNEN: „Die Uhr tickt. Um den unstrittigen Schienenausbau zu beschleunigen, reichen der Koalitionsvertrag und das Ergebnis der Beschleunigungskommission Schiene. Die 70 Vorschläge lässt Wissing seit knapp zwei Monaten liegen.“
Das ist auch so, denn der Bundesverkehrsminister sagt, dass die Kapazität der Schiene nicht ausreiche, um das zusätzliche Güteraufkommen von etwa 34 Prozent gegenüber 2019 von der Straße dorthin zu verlagern.
Wichtig erscheint mir hier auch die Aussage von Westenberger: „Die GÜTERBAHNEN haben in der Corona- und der Energiekrise geliefert. Leistung und Anteil am Güterverkehr liegen deutlich höher als vor Corona. Von zurzeit rund 20 Prozent halten unsere Unternehmen ein Wachstum auf 35 Prozent bis 2035 für möglich, wenn der Bund seine Hausaufgaben bei Infrastruktur und Rahmenbedingungen macht. Dann wären 10 bis 15 Prozent weniger Lkw als heute auf den Straßen unterwegs. Es braucht keinen Autobahnneubau, um Güterverkehrswachstum zu bewältigen.“
Warum will Wissing nicht?
Hier kann ich natürlich nur Vermutungen anstellen, aber unser Produktionssystem ist ja seit Jahren auf dem „just in time“-Prinzip aufgebaut.
Die Zulieferung von Vorprodukten wird dabei so eng getaktet, dass relativ geringe Stückzahlen zu bestimmten Zeiten an den Produktionsstandort gebracht werden müssen. Somit wurden Lagerflächen an Produktionsstandorten minimiert. Die Lagerung der Vorprodukte wurde auf die Straßen verschoben, was natürlich eine ständige Zunahme des Gütertransports per LKW nach sich zog. Die LKW-Schlangen auf den Autobahnen und Bundesstraßen sind zu großen Teilen „rollende Warenlager“.
Das macht eine Verlagerung auf die Schiene teilweise schwierig, ohne (Wieder-)Aufbau einer Lagerstruktur am Produktionsstandort ist der LKW-Transport fast alternativlos.
In dem Zusammenhang verweise ich darauf, dass in der PKW-Produktion die Lieferung der Vorprodukte zu großen Teilen, aus genanntem Grund, per LKW erfolgt. Der Transport der fertigen PKW, zumindest über lange Strecken, wird per Schiene durchgeführt. Sage noch jemand, die Schiene könne nicht leisten.
Der Transport von Vorprodukten für die Produktion per Schiene ist eher von den Produzenten her nicht gewollt. Lagerhaltung kostet Geld, wenn man die Flexibilität in der Produktion beibehalten will, kostet sie viel Geld. Daraus könnte man schließen, dass der LKW-Transport zu billig ist.
Ich erspare mir hier detaillierte Ausführungen dazu, dass der jetzige LKW-Transport gegenüber dem Schienentransport ein Mehrfaches an Arbeitskräften benötigt.
Mein Fazit
Aus meiner Sicht gehören diese zwei Punkte zusammen:
1. Verlagerung des Gütertransports, besonders auf Langstrecken und im Transit, auf die Schiene. Dazu sind Instandsetzung und schneller Ausbau der Schieneninfrastruktur „im überragend öffentlichem Interesse“ erforderlich.
2. Das Prinzip „just in time“ gehört auf den Prüfstand. Ohne Aufbau von Lagerkapazitäten an den Produktionsstandorten wird der Güterverkehr per LKW weiter als alternativlos dargestellt werden.
Der Ausbau der Infrastruktur zum Schienentransport beinhaltet natürlich auch den Aus- und Aufbau von schnellen und flexiblen Be- und Entladeterminals für den Übergang am Zielort, von der Schiene auf die Straße. Am besten wäre natürlich die Übergabe direkt in die Lagerhaltung von Produktionsstandorten.
Da gibt es viel zu tun. Dirk Flege von der „Allianz pro Schiene“ bringt es auf den Punkt: „Im Koalitionsvertrag waren sich alle einig, dass die Schiene beschleunigt ausgebaut werden soll, Straßen hingegen wurden nicht genannt. Durch seine Fixierung auf neue Autobahnen verursacht Bundesverkehrsminister Volker Wissing koalitionsinternen Streit. Dadurch wird der beschleunigte Schienenausbau, der längst hätte auf den Weg gebracht werden können, ausgebremst. Diese Blockade verschärft die Probleme bei der Verkehrsinfrastruktur weiter, statt sie zu lösen.“
Der Beitrag entstand im Rahmen der Workshopreihe „Bürgerjournalismus als Sächsische Beteiligungsoption“ – gefördert durch die FRL Bürgerbeteiligung des Freistaates Sachsen.
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