Ein paar Fakten wären eigentlich nicht schlecht. Anhand der Zahlen, welche der noch amtierenden Innenminister Sachsens selbst am 12. Dezember in einem Interview mit dem Deutschlandfunk ausgegeben hat, sind diese noch etwas schwammig. 3 Prozent der sächsischen Asylbewerber werden durch den Minister der Tätergruppe "kriminelle Asylbewerber" zugeordnet. Übrigens ohne die Angabe, welche Straftaten gemeint sind - Diebstahl, Raub, Betrug? Dazu zählen auch Ladendiebstahl und mehrfaches Schwarzfahren in der Bahn. Beides typische "Sozialdelikte", oft entstehend aus Geldnot. Etwas, was auch Deutsche durchaus als Tatfeld kennen.
Doch egal ob nun schwerste Straftaten oder minder schwere: Gehen wir einfach mal von maximal 300 Menschen mit jeweils mehr als 6 Straftaten pro Jahr aus. Das Maß für “Intensivstraftäter” laut Markus Ulbig. Ob diese übrigens verurteilte Täter oder Angeklagte sind – was dann hieße, der Innenminister schätzt noch grober – ist weiterhin etwas unklar. Aber gehen wir mal von Tätern aus.
Nimmt man also die Zahlen an, die bekannt sind, ergeben sich gesichert rund 2.000 Straftaten pro Jahr aktuell in Sachsen durch diese Tätergruppe. Runden wir einfach auf – sagen wir auf 3.000. Und unterstellen wir einfach mal zudem 6 bis 7 marodierende Banden auf 4 Millionen Einwohner.
In Abgleich mit der Kriminalstatistik 2013 bei den Gesamtzahlen ergibt sich folgendes Bild, welches sicher bei den Gesamtzahlen auch für 2014 zutreffen wird. Wenn sie dann endlich mal vorliegen würden, denn im schönen Sachsen scheint es eine Unmöglichkeit zu sein, aller halbe Jahre neue Kriminalitätsstatistiken herauszugeben. Offenbar ist man nur einmal im Jahr bereit, sich an den Rechner zu setzen, während monatlich diverse Medien Auflagen steigernde Einzelbeispiele aufgreifen und so allzu gern schiefe Bilder vom “Finsterasylanten” erzeugen.
312.500 Straftaten also gab es 2013, verübt von 103.521 Tätern. Ergibt bei den Asylbewerbern, welche mehrfach straffällig wurden, einen Anteil von 0,64 Prozent an den Gesamtstraftaten und einen Anteil von 0,29 Prozent bei den Tätern.
Auch wenn man nun noch annimmt, dass es Asylbewerber gibt, die mehr als die 6 Straftaten pro Jahr begangen haben, also großzügig aufrundet und zum Beispiel 3.000 Straftaten annähme, ergäben sich letztlich 0,96 Prozent an allen Straftaten in Sachsen bei konstantem Anteil an den Täterprozenten.
Ergebnis also bis hier: Der Straftaten-Anteil von maximal 0,96 Prozent von einer 0,29 Prozent großen Tätergruppe in Sachsen verübt, ist Innenminister Markus Ulbig so wichtig, dass er von “Sondereinheiten” spricht. Weil hier Straf- und Aylrecht kollidieren. Selbst der vielleicht noch für echte Ausländerhasser scheinbar hohe Prozentanteil von rund einem Prozent hat eine weitere Interpretationsebene: Haben sich mehrere Asylbewerber zu einer Bande zusammengeschlossen, geht die Deliktzahl für alle innerhalb der Gruppe meist steil nach oben. Da oft alle gemeinsam durch Mitwisserschaften oder Unterstützungsleistungen für den oder die Hauptstraftäter mitverurteilt werden.
Und auch, wenn man die nur scheinbar verbriefte Anzahl von Straftaten auf alle Asylbewerber hinausrechnet, verteilen sich die Straftaten selbst nur neu auf mehr Menschen, steigen aber in der Gesamtzahl nicht an.
Genug Mathematik, wen interessieren schon Zahlen, wenn es doch um Ängste geht? Kommen wir wieder zu den Emotionen auf der Straße in einer Nation, welche nun “endlich wieder mehr Verantwortung in der Welt übernehmen” möchte.
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Die mehrheitlich sächsischen PEGIDA-Anhänger tun längst das, was bereits vor drei Wochen zu erwarten war: sich ausgiebig über das Interesse an ihnen amüsieren und der Ton ist durchaus hämisch angesichts der Erläuterungsversuche der Medien. Im Netz und auf Facebook wird zudem alles als Werbung empfunden, was über sie geschrieben wird. Denn so werden sie mehr, der derzeitige Tenor voller Überzeugung der Richtigkeit ihrer Thesen. Die eigentliche Freude für sie dabei: zu beobachten, wie es nach diversen Lobbygruppen auch ihnen mal wieder nach vielen Jahren als Demonstranten gelingt, mit einem simplen Thema Druck aufzubauen und die Politik vor sich herzutreiben.
Denn sie sehen in jedem Interview, jeder neuen Veröffentlichung, jedem Artikel über sie, ihre Bewegung und die Führungsleute mit Verweisen zu Verbindungen zum kriminellen Milieu, NPD und AfD vor allem eines: Das Einknicken “der Politik” und der “Mainstream-Medien”. Die Nicht-Mainstream-Medien heißen Koop-Verlag, Junge Freiheit und PI-News – und die geben sich alle Mühe, Sprachrohr der Bewegung zu sein. Begriffe wie “Mainstream”, der nicht ganz grundlos an manche Montagsmahnwache erinnert, auch von dieser Bewegung aus dem Frühjahr 2014 sind wieder einige an Bord, werden nun mit “Systemschafe” und “Nationalstolz” gewürzt. Vor allem aber sehen sie in den Erklärungsversuchen zu ihnen eine Bestätigung dafür, dass es in Deutschland nun endlich “zur Sache geht”.
Doch um welche Sache geht es? Eines steht fest – nicht mehr nur um die bereits seit 2007 auch durch “Spiegel”-Titel wie “Die schleichende Islamisierung” mitgezüchtete Islamangst allein.
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