Zum ersten Mal seit Ausbruch der Coronakrise und der Wiederwahl des Oberbürgermeisters Burkhard Jung (SPD) kamen am Mittwoch, den 29. April, die Stadträte und Stadträtinnen zusammen. Auf der verkürzten Tagesordnung des Treffens in der Kongresshalle am Zoo standen unter anderem die Fortsetzung eines Demokratieprogrammes, die kostspielige Sanierung der Hauptfeuerwache und Hilfen für Solo-Selbständige in Leipzig. Im Mittelpunkt stand auch wieder einmal die AfD.
Eigentlich sollte die April-Sitzung der Ratsversammlung, die Corona-bedingt in der Kongresshalle am Zoo stattfand, nach Möglichkeit nur drei Stunden dauern. Am Ende waren es dann doch etwa fünf. Dafür verantwortlich war vor allem eine lange Diskussion über Demokratieförderung, die sich letztlich mal wieder hauptsächlich um die AfD drehte.
Viel Zeit fraß aber auch die Debatte über die Tagesordnung, die rund 30 Minuten dauerte. So setzte die Mehrheit des Stadtrates auf Antrag der SPD einen AfD-Antrag ab, der sich mit „Linksextremismus“ befasste. Die Grünen wiederum wollten den Lärmaktionsplan von der Tagesordnung nehmen, fanden dafür aber keine Mehrheit.
Insgesamt kamen diesmal nur vier Anträge aus den Fraktionen zur Abstimmung. Die jeweiligen Tagesordnungspunkte gingen ohne Diskussionen über die Bühne und dauerten nur wenige Minuten.
Flughafen, Kameras und Radverkehr
So beschloss der Stadtrat auf Antrag der Grünen, dass sich der Oberbürgermeister für eine Beteiligung der Stadt an den Plänen für eine Flughafenerweiterung einsetzen soll. Dazu hatte es zuvor an der Kongresshalle eine kleine Demonstration gegeben, bei welcher verschiedene Initiativen für eine klare Beteiligung der Stadt Leipzig bei den Ausbauplänen des DHL-Hubs und damit wohl auch der Nachtflugaktivitäten eintraten (siehe Video).
Anna Kaleri zum Protest am 29.04. gegen die Nichtbeteiligung beim Flughafenausbau. Video: L-IZ.de
Auf Antrag der Freibeuter entschied der Stadtrat heute, dass die Verwaltung eine Übersicht über kommunale Kameras im öffentlichen Raum vorlegen soll, auf Antrag der Linken, dass die Stadt die Situation für Fachkräfte sozialer Berufe verbessern soll, und auf Antrag der SPD, dass die Verwaltung Modellprojekte für das Förderprogramm „Klimaschutz durch Radverkehr“ erarbeiten soll.
Die Vorlagen der Verwaltung waren zweigeteilt. Rund zwei Dutzend wurden ohne Aussprache beschlossen, was Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) grinsend mit den Worten kommentierte: „Das geht aber schnell heute. Das gefällt mir. Ich könnte mich daran gewöhnen.“
AfD in Coronazeiten: gegen den Linksextremismus
Bei den Vorlagen mit Aussprache gab es jedoch teilweise hohen Diskussionsbedarf – vor allem bei der Frage, ob die Stadt das Programm „Leipzig. Ort der Vielfalt.“ weiterhin unterstützen soll. Während die Linkspartei mit einem Änderungsantrag sicherstellen wollte, dass die Ausschreibungen für 2020 auf die Corona-bedingten Einschränkungen ausgerichtet sind, wollte die AfD-Fraktion mehr gegen „Linksextremismus“ unternehmen.
In der anschließenden Debatte drehte sich vieles um die AfD. So warf Franziska Rudolph (FDP/Freibeuter) den Rechtsradikalen vor, nicht konstruktiv im Stadtrat mitzuarbeiten. Zuvor hatte SPD-Stadtrat Christopher Zenker die Namen von Menschen verlesen, die seit 1990 in Sachsen durch rechte Gewalt ums Leben kamen. Genau wie zuvor beispielsweise Juliane Nagel (Linke) argumentierte er, dass die Gefahr durch rechte Gewalt deutlich größer sei.
Erneut wurde der fotografisch begleitete Besuch des Leipziger AfD-Stadtrates und Bundestagsabgeordneten Siegbert Dröses zur Wolfsschanze Thema, was sein Parteikollege Christian Kriegel mit der Erinnerung an die Widerstandsbewegung um Stauffenberg zu begründen versuchte. Jürgen Kasek (B90 / Die Grünen) benannte daraufhin den Bendlerblock als Erinnerungsstätte dafür und jene, die an der Wolfsschanze gedenken, Nazis.
Sven Morlok (FDP) betonte, dass in den Formulierungen des Programmes längst alle Extremismen umfasst seien, die Ziele dafür richten sich seit Jahren auch an den Vorgaben des Bundes für derartige Demokratieförderungen aus.
Außerhalb der AfD-Fraktion stimmte niemand für den AfD-Antrag. Für den Antrag der Linken gab es abseits von AfD und CDU viele Stimmen; er bekam eine Mehrheit. Für den gesamten Antrag der Verwaltung gab es dann – mit Ausnahme der AfD – breite Zustimmung. Nun sollen bis 2024 jährlich 100.000 Euro in das Programm fließen.
Geld für Hauptfeuerwache und Solo-Selbstständige
Beschlossen wurde unter anderem auch, dass für die Modernisierung der Hauptfeuerwache weitere 7,6 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Zudem sollen die rund 12.000 Solo-Selbstständigen in Leipzig, die durch die Coronakrise in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, zwischen 1.000 und 2.000 Euro erhalten. Hierfür hat der Stadtrat heute 5 Millionen Euro beschlossen, um dem einen oder anderen den Gang zum Jobcenter zu ersparen.
Die Verwaltung hat dabei unter anderem die Kreativszene im Blick, die für den Ruf der Stadt in den vergangenen Jahren einen großen Beitrag geleistet hat.
Uwe Albrecht zu den Gründen für die Coronahilfe in Leipzig. Video: L-IZ.de
In seinem Redebeitrag dazu betonte Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht, dass man hierbei eine Lücke schließen müsse, welche die Coronahilfeprogramme vom Bund und dem Land Sachsen gelassen haben. Auf die Kritik des CDU-Stadtrates Falk Dossin, dass das Geld eigentlich 24 Millionen Euro bei 12.000 mal 2.000 Euro betragen müsse und dies die Stadt Leipzig nicht habe, gab OBM Burkhard Jung nach dem Beschluss das Versprechen ab, das Antragsgeschehen ab jetzt zu beobachten und gegebenenfalls noch einmal nachzusteuern.
Man darf vermuten, dass nicht alle 12.000 ermittelten Soloselbstständigen in Leipzig das Geld beantragen werden, weil sie sich bereits an die Arbeitsagentur gewandt haben. Dennoch ist zu erwarten, dass die 5 Millionen Euro der Stadt Leipzig allein knapp bemessen sind.
Die nächste Ratsversammlung soll am 20. Mai 2020 stattfinden – erneut in der Kongresshalle am Zoo, wo die Abstandsregeln besser eingehalten werden können als im Neuen Rathaus.
Der Stadtrat tagt: Die April-Sitzung aus dem Interim Kongresshalle in der Video-Aufzeichnung
Die Hauptfeuerwache wird mindestens 7 Millionen Euro teurer als geplant
Die Hauptfeuerwache wird mindestens 7 Millionen Euro teurer als geplant
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