Für FreikäuferLEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausgabe 74, seit 20. Dezember 2019 im HandelDas antifaschistische „Ladenschlussbündnis“ hat einen Offenen Brief verfasst, der sich dem Umgang mit dem ehemaligen Frauen-Konzentrationslager in der Kamenzer Straße widmet. Adressaten sind Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), die Stadträte und Stadträtinnen sowie die Mitarbeiter/-innen der Verwaltung.

Anlass für den Offenen Brief ist die aktuelle Nutzung des Ortes durch Rechtsradikale. So fanden in der Kamenzer Straße 10 und 12 in den vergangenen Jahren immer wieder Neonazikonzerte statt, die teilweise von der Polizei beendet wurden.

Zudem verweist das „Ladenschlussbündnis“ darauf, dass ein rechtes Kampfsportteam den Ort seit etwa zwei Jahren nutzt. Mitglieder des Teams seien unter anderem am Neonazi-Angriff auf Connewitz am 11. Januar 2016, an einem Überfall auf Fans des Fußballclubs BSG Chemie Leipzig im September 2016 und an einer rechtsradikalen Demonstration in Chemnitz im vergangenen Sommer beteiligt gewesen.

Dies sei besonders vor dem Hintergrund des Ortes im Zweiten Weltkrieg problematisch. Laut Bündnis befand sich damals das größte Frauenaußenlager des KZ Buchenwald dort: „Die Häftlinge mussten jeden Tag in zwölfstündigen Tag- und Nachtschichten unter schwersten Bedingungen Munition, Granaten und Panzerfäuste produzieren.“

Das Bündnis beklagt: „An die Allgegenwärtigkeit der Zwangsarbeit erinnert im Stadtbild Leipzigs heute nichts mehr. Nur noch wenige Überlebende der Arbeits- und Konzentrationslager können uns direkt ihre persönlichen Erfahrungen schildern.“ Umso wichtiger sei es, „die Orte der Verbrechen als Orte einer aufklärenden Bildungsarbeit und eines würdigen Gedenkens der Nachkommen der Opfer des Nationalsozialismus einzurichten“.

Aus Sicht des Bündnisses ist es nicht nur vor dem historischen Hintergrund unzumutbar, dass Rechtsradikale dort trainieren, sondern auch im Angesicht deren zunehmender Bedeutung in der Neonaziszene. Der Treffpunkt in der Kamenzer Straße stelle daher einen „Beitrag zum Aufbau einer faschistischen Vernetzung“ dar. Von den Adressaten des Offenen Briefs fordert das Bündnis, „sich öffentlich zu positionieren und alle Möglichkeiten zu prüfen, um in der Kamenzer Straße einen Gedenkort entstehen zu lassen und den Neonazis ihre Räume zu nehmen“.

Mehr als 30 Organisationen gehören zu den Erstunterzeichner/-innen. Dazu zählen antirassistische Bündnisse und Netzwerke wie „Leipzig nimmt Platz“, linke beziehungsweise linksradikale Initiativen wie „CopWatch Leipzig“ und „Prisma“ sowie Vereine wie „Mühlstraße 14“ und das Erich-Zeigner-Haus. Weitere Unterzeichner/-innen sind unter anderem das Conne Island, der Stadtverband der Linkspartei, die Evangelische Studierendengemeinde, die Gedenkstätte für Zwangsarbeit, das Neue Schauspiel und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Zudem haben die Linke-Landtagsabgeordneten Anna Gorskih, Juliane Nagel und Marco Böhme den Brief unterzeichnet.

Das antifaschistische „Ladenschlussbündnis“ existiert nach eigenen Angaben seit 2007. Anlass war die Eröffnung einer Filiale der vor allem bei Neonazis beliebten Kleidungsmarke „Thor Steinar“ in der Innenstadt. Später widmete sich das Bündnis einigen im Leipziger Osten durch Rechtsradikale genutzten Geschäfte, Wohnungen und Kneipen. Nach mehreren inaktiven Jahren gründete sich das „Ladenschlussbündnis“ im vergangenen Jahr neu. Seitdem steht die Kamenzer Straße im Fokus der Antifaschist/-innen, die bereits mehrere Demonstrationen zum beziehungsweise am rechten Treffpunkt durchführten.

Ladenschlussbündnis demonstriert mit 200 Personen vor Naziobjekten in der Kamenzer Straße

Ladenschlussbündnis demonstriert mit 200 Personen vor Naziobjekten in der Kamenzer Straße

 

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