Es kann doch nicht so lange dauern, dass Leipzigs Verwaltung eine Exit-Strategie für die Fernwärmeversorgung aufstellt. Man kann den neu formulierten Antrag von Linsfraktion und Grünen-Fraktion auch als gemeinsames Stöhnen lesen. Zuerst hatten sie ja sogar noch drei verschiedene Exit-Strategien beantragt. Möglichst noch in diesem Jahr. Aber der OBM hatte sie auf 2018 vertröstet.

Wobei es ja schon ein Erfolg für die beiden Fraktionen war, den Chef der Stadt und der Leipziger Versorgungsgesellschaft dazu zu bringen, jetzt wirklich eine Exit-Strategie zu planen. Denn über 60 Prozent der Leipziger Fernwärme stammen aus der Kohleverstromung im Kraftwerk Lippendorf. Nicht nur, dass Kohleverstromung die schmutzigste Art ist, Strom zu produzieren – kein Mensch weiß, wie lange das wirtschaftlich überhaupt noch funktioniert.

„Die jetzige Fernwärmeerzeugung aus der Kohleverstromung des Kraftwerkes Lippendorf deckt mehr als die Hälfte (ca. 60 Prozent) des Leipziger Fernwärmebedarfes. Vor diesem Hintergrund fordern wir von der Stadt Leipzig eine Exit-Strategie“, schreiben die beiden Fraktionen jetzt in ihrem neu gefassten Antrag, der auf die Stellungnahme des OBM eingeht. „Damit soll die bisherige Systemrelevanz des Braunkohlekraftwerkes Lippendorf für die Fernwärmeerzeugung der Stadt Leipzig abgebaut werden. Diese Exit-Strategie soll einen konkreten Fahrplan für einen Ausstieg aus der Abwärmenutzung aus dem Braunkohlekraftwerk Lippendorf beinhalten. Mit einem selbstbestimmten Ausstiegsfahrplan erhält sich die Stadt Leipzig Gestaltungsfähigkeit in der Wärmewende, anstatt im Rahmen eines nationalen Kohleausstiegs später nur noch reagieren zu können.“

Und eigentlich sind die Eckdaten für ein Auslaufen der Lieferverträge gesetzt.

Was im Antrag noch einmal betont wird: „Die Kraftwerksblöcke des Standortes Lippendorf wurden in den Jahren 1999 und 2000 in Betrieb genommen. Laut den Plänen des Think-Tanks ‚Agora Energiewende‘ kann das Kraftwerk Lippendorf in den Jahren 2032 – 2034 vom Netz genommen werden.“

Was übrigens dann, wenn die Bundesregierung ihre eigenen Klimaschutzziele ernst nimmt, sogar zwingend passieren muss. So lange die Kohlemeiler rauchen, ist die geplante CO2-Reduzierung auch für die Bundesrepublik nicht zu schaffen.

Ein wesentlicher Wirtschaftsbeitrag für das Kraftwerk Lippendorf kommt freilich aus den Fernwärmelieferungen für Leipzig. Der aktuelle Liefervertrag läuft bis 2023.

„Da die Verträge zum Fernwärmebezug aus Lippendorf im Jahr 2023 neu verhandelt werden, ist jetzt der richtige Zeitpunkt um sich mit einem möglichen Ausstieg zu befassen und eine Exit-Strategie zu entwickeln“, stellen die beiden Fraktionen fest. Und gehen dann auf die Inhaber des Kraftwerks Lippendorf ein: „Bis jetzt erhält der Betreiber des Kraftwerks Lippendorf einen Anteil der Umsätze aus dem Fernwärmeverkauf an die Leipziger Bürger*innen als Kaufpreis für die dort abgenommene Fernwärme. Der schwedische Staatskonzern Vattenfall verkaufte 2016 den Block R des Kraftwerkes Lippendorf an die tschechische Energie- und Industrieholding (EPH). Somit gehören dieser Holding 50 % am Kraftwerk in Lippendorf. Die EPH ist ein Konzern mit mehr als 150 von ihr dominierten Firmen in zwölf Staaten. Das Vermögen der EPH beläuft sich auf 11,3 Mrd. Euro. 2015 machte die Holding knapp eine Mrd. Euro Gewinn. Zudem ist der Konzern EPH laut der aktuellen Studie ‚Schwarzbuch EPH‘ von Greenpeace ein sehr intransparenter Konzern, der weltweit in Steuerparadiesen agiert und dort teils fragwürdigen Geschäften nachgeht. Die Studie von Greenpeace kommt zu dem Schluss, dass das Finanzgebaren außerdem zu Instabilität neigt und es somit eine Gefahr für öffentliche Finanzgeber darstellt.“

Leipzig täte also gut daran, jetzt belastbare Exit-Strategien zu entwickeln.

Aber dass OBM Burkhard Jung dafür anderthalb Jahre haben möchte, finden die beiden Fraktionen nicht so gut. Jung wollte die zwei versprochenen Exit-Strategien für die Zieljahre 2023 bzw.2030 erst Ende 2018 vorlegen. Die Zeiträume, in denen Leipzigs Verwaltung solche wichtigen Strategien entwickelt, werden immer länger. Dasselbe Phänomen hat man ja auch beim Radwegekonzept, beim Nahverkehrsplan, bei Kitas und Schulen. Als wenn die Verwaltung alle Zeit der Welt hätte, um die Grundstrukturen für das zu entwickeln, was auch Jung eine „nachhaltige Stadt“ nennt.

Aber so lange wollen Grüne und Linke nicht warten und beantragen: „Dem Verwaltungsausschuss und dem Fachausschuss Umwelt und Ordnung sind bis Ende des II. Quartals 2018 die Prüfergebnisse hinsichtlich einer Exit-Strategie zum Ausstieg aus dem Fernwärmebezug des Kraftwerks Lippendorf vorzulegen.“

Der neu formulierte Antrag von Linksfraktion und Grünen-Fraktion.

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