Das Rumgeeier des Leipziger Ordnungsamtes beim 100. Deutschen Katholikentag hat ein Nachspiel. Erst hat man der Kunstaktion โ€žDas 11. Gebotโ€œ eine vรถllig unsinnige Auflage erteilt, sich mit dem Veranstalter des Katholikentages ins Benehmen zu setzen, dann kam der mit einem โ€žHausverbotโ€œ und am letzten Tag sprach ein Ordnungsmann auch noch einen Platzverweis aus. Irgendjemand hat da vรถllig versagt. Genug Grรผnde fรผr eine Nachfrage, findet Juliane Nagel.

Denn normalerweise ist jeder Protest โ€“ auch gegen einen steuerfinanzierten Katholikentag โ€“ durch die Verfassung gedeckt. Kein Ordnungsamt kann ihn untersagen, bloรŸ weil ihm vielleicht die Protestbotschaft nicht gefรคllt. Aber genau darauf lief das hinaus, was das Leipziger Ordnungsamt da am vergangenen Wochenende mit der Kunstaktion der Giordano-Bruno-Stiftung angestellt hat. Man hat โ€“ mit seltsamen Kapriolen  โ€“ einfach das Recht auf Versammlungsfreiheit ausgehebelt, stellt die Linke-Stadtrรคtin Juliane Nagel fest.

โ€žBeim Katholikentag in Leipzig wollte die Giordano-Bruno-Stiftung mit einer Kunstaktion, einem mahnenden Moses, auf die Millionen-Subventionen der รถffentlichen Hand fรผr derartige kirchliche Veranstaltungen hinweisen. Dies tut sie bereits seit 2004 bei vergleichbaren Veranstaltungenโ€œ, kommentiert es die Abgeordnete jetzt in ihrer Anfrage, die sie gern vom Oberbรผrgermeister beantwortet haben mรถchte. โ€žDas Ordnungsamt Leipzig hatte keine Einwรคnde gegen diese angemeldete Aktion der Aktionsgruppe โ€š11. Gebotโ€˜, erlegte den VeranstalterInnen allerdings auf, sich mit dem Erstanmelder fรผr die Sondernutzungsflรคchen, dem Katholikentag, ins Einvernehmen zu setzen und sich dessen Genehmigung einzuholen. Dieser wiederum sprach der Skulptur-Aktion ein โ€šHausverbotโ€˜ aus. โ€“ Der Versuch, die Kunstaktion final zum Abschlussgottesdienst des Katholikentags am 29.05.2016 durchzufรผhren, wurde vom Ordnungsamt mit Verweis auf Sicherheitsbedenken unterbunden. Man kรถnne nicht wissen, โ€šob in der Kunstskulptur nicht Schusswaffen und Sprengstoff verstecktโ€˜ seien.โ€œ

Alles sehr dubios. Immerhin standen genug Polizisten dabei, die so einen Verdacht hรคtten รผberprรผfen kรถnnen. Und: Warum wurde nicht gleich das Sprengkommando geholt und der Platz gerรคumt?

Ein einziges Winden und Drehen. Da ist nicht mehr viel รผbrig von der Leipziger Protestklarheit des Jahres 1989. Und es ist ja nicht der erste Fall, bei dem Leipzigs Ordnungsbehรถrde in letzter Zeit mehr als seltsame Vorstellungen รผber das entwickelt hat, was Gegenprotest in Leipzig darf und was nicht.

Logisch, dass Juliane Nagel eine Menge Fragen hat, die sie im Stadtrat ordentlich beantwortet haben mรถchte.

Das sind ihre Fragen fรผr die Ratsversammlung am 22. Juni:

Auf welcher Rechtsgrundlage lรคsst sich ein โ€žHausrechtโ€œ fรผr die Veranstalter des Katholikentag fรผr Teile des รถffentlichen Raums รผbertragen?

Wie ist die Einschrรคnkung der Versammlungsfreiheit mit Verweis auf dieses โ€žHausrechtโ€œ herzuleiten?

Warum war das Ordnungsamt Leipzig nicht in der Lage, die Versammlungsfreiheit fรผr die VeranstalterInnen einer Kunstaktion zu gewรคhrleisten โ€“ wie in Bezug auf die Demonstration gegen TTIP am Samstag, 28.05.2016, geschehen โ€“ vor allem vor dem Hintergrund der Meinungsfreiheit, die das ร„uรŸern von Kritik einschlieรŸt?

Welche Anhaltspunkte gab es fรผr die Gefahrenprognose fรผr die geplante Spontanversammlung der Aktionsgruppe โ€ž11. Gebotโ€œ am 29.05.2016, nach der in der Skulptur โ€žSchusswaffen und Sprengstoff verstecktโ€œ hรคtten sein kรถnnen, und inwieweit wurde versucht, diese Annahmen aus dem Weg zu rรคumen?

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