Die Fragen liegen lรคngst offen auf dem Tisch. Das Problem wohl nach wie vor โ zwei Seiten desselben sind noch zu leer. Eigentlich hรคtten es Besitzer und Verwaltung einfach, doch es scheint schwer zu sein, einen wirklichen Dialog mit den Mietern des Westwerkes zu finden. Am 11. Februar trieb diese eigentliche Frage, warum man nicht miteinander spricht, von 14:30 Uhr bis 18 Uhr bei winterkalter Wetterlage 1.000 Teilnehmer in Plagwitz auf die Straรe. Auch in Richtung der Stadtverwaltung richteten sich deutliche Appelle, die Menschen bei ihrem Vorhaben โWestwerk rettenโ nicht allein zu lassen.
Seit Dezember 2016 dreht sich die Uhr am prรคgenden Hauptgebรคude des Westwerkes gefรผhlt schneller. Mieterhรถhungen um 80 Prozent, Kรผndigungen und Plรคne, die verborgen bleiben sollen, prรคgen das einst offene Haus. Offen vor allem fรผr die, welche sich ausprobieren wollen, Kunst machen oder โ wie noch 2016 beim โWestpol Airspaceโ โ lรคngst รผberregional bekannte Ausstellungen starteten.
Ein Hauch von Geld zieht รผbers Gelรคnde, trรถpfchenweise gibt es mal Informationen, dann wieder Dementis oder entgegenlaufende Aussagen. So wie zuletzt bei der eventuell kommenden Einmietung des Konsums, welche von der Genossenschaft bestรคtigt, vom Vermieter verneint wurde.
Was die Sache fรผr die Demonstrierenden und Mieter besonders macht, ist die Vorgeschichte. Sie fรผhlen sich als ein Teil des Aufstiegs des wichtigen Plagwitzer Ortes in den vergangenen 10 Jahren, es ist auch ihr Verdienst, dass sich das Gelรคnde lรคngst zu einem nun vermarktbaren Areal gemausert hat. Eigenleistungen, die sie bei der Erschlieรung teils unvermietbarer Rรคume erbrachten, scheinen nun nichts mehr zu gelten, Kunst- und Kulturangebote, die Interessierte auf das Gelรคnde lockten, sind nun auch Gรคste gastronomischer Angebote.
Erst kam die Ansiedlung der Edelszenekneipe โKaiserbadโ vor gut 1,5 Jahren, bald รคnderte sich erst schleichend, seit Dezember 2016 immer schneller die Mieterstruktur. Mit erwartbarer Wirkung auf die nรคhere Umgebung โ namentlich befรผrchtete die Demonstration heute eine โkahle Heineโ-Straรe.
Wรคhrend der Demonstration kamen demnach vor allem das bisherige Hinhalten seitens des Eigentรผmers โCORPURE GmbH & Co. KGโ und dem Vermieter โWestwerk GmbHโ zur Sprache und die Frage, was die Stadt trotz des Privatbesitzes auf dem Gelรคnde tun kรถnne. Zu einer deutlich intensiveren Einmischung rief demnach auch Stadtrat Mathias Weber (SPD) die Verwaltung Leipzigs auf. Denn lรคngst reicht das Problem รผber das Westwerk hinaus โ die Rรคume und Mรถglichkeiten fรผr subkulturelle Beschรคftigung in Leipzig werden weniger, auch aufgebende und ausziehende Mieter wissen oft nicht wirklich, wohin.
Stadtrat Mathias Weber (SPD) zu Verwertungsinteressen, Mieter, Vermieter und die Rolle der Stadt โ Teil 1. Video: L-IZ.de
Besser noch wรคre es fรผr Weber, die Mieter kรถnnten bleiben โ er verkรผndete, sich fรผr das โWestwerk, wie wir es kennenโ einzusetzen. Ohne Gesprรคche mit dem Vermieter und gemeinsame Konzepte statt Einbahnstraรenkommunikation ein schwieriges Unterfangen โ auch fรผr die Stadtverwaltung, welche in der Stadtratssitzung am 8. Februar 2017 nochmals auf ihre moderierende Rolle verwiesen hatte.
Das Hauptproblem der Mieter jedoch ist akut und auf Dauer: Mit den teils rasant steigenden Mieten werden sie in Zukunft nicht mehr mithalten kรถnnen. Bislang zeigt sich die Vermietungsfirma von der wenig kulturinteressierten, eher von der rigiden Seite, wie der Fall der Hackercommunity โSublabโ zeigte. Nach einem formalen Einspruch gegen eine in diesem Fall 60-prozentige Mieterhรถhung folgte im Januar die Kรผndigung zur Jahresmitte 2017.
Stadtrat Mathias Weber (SPD) zu Verwertungsinteressen, Mieter, Vermieter und die Rolle der Stadt โ Teil 2. Video: L-IZ.de
Ihren Fall schilderte Naoma am 11. Februar nun auf der Wagenbรผhne รคhnlich. Fรผr sie ist schlicht Schluss im Westwerk, die deutlich erhรถhte Miete fรผhrte zum vorlรคufigen Aus der Musikerin auf dem Gelรคnde und zum Engagement in der Initiative โWestwerk rettenโ. Interessant also, was sie zu erzรคhlen hatte, war sie schlieรlich schon einmal hautnah bei รคhnlichen Vorgรคngen in Barcelona dabei.
โEs geht nicht nur um Geldโ, so Naoma. Ihre Hoffnung ist, dass der Mehrwert der Mieterstruktur von Kunst, Kultur und Subkultur stรคrker beachtet und, wie im Hamburger โGรคngeviertelโ, als Standortvorteil verstanden und gemeinsam weiterentwickelt wird.
(Noch)Mieterin Josi zum Stand im Westwerk und einem Gesprรคchsangebot. Video: L-IZ.de
Josi hingegen hatte dann bei allem Grau noch eine zumindest neue Botschaft mitgebracht. Im Laufe dieser Woche seien Gesprรคchsangebote bei Mietern, Ex-Mietern und der Initiative โWestwerk rettenโ seitens des Vermieters eingegangen. Zumindest scheint man nun verstanden zu haben, dass es so nicht mehr weitergeht. Im Ergebnis der Gesprรคche soll es dann am 3. Mรคrz 2017 ab 17 Uhr im โTipiโ im Westwerk eine weitere รถffentliche Veranstaltung fรผr alle Interessierten geben. In der Hoffnung, dass dann der Dialog mit dem Vermieter im Westwerk wenigstens begonnen hat und man รผber erste Konzepte beraten kann.
Denn viel Zeit bleibt nicht mehr: Einige Mieter stehen noch immer vor ihren rapide gestiegenen Mieten und wissen bei allem รถffentlichen Rummel nicht wirklich, wie es weitergehen soll.
Naoma forderte, die Fehler in anderen Stรคdten nicht zu wiederholen und verwies auf das Beispiel โGรคnge-Viertelโ. Video: L-IZ.de
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