Energieknappheit, Ukraine-Krieg, Corona-Pandemie, weltweit gestörte Lieferketten: Die aktuellen Krisen, die in engem zeitlichen Abstand aufgetreten und miteinander verknüpft sind, gefährden die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilität. Die Halbleiterbranche ist eine Schlüsselindustrie, um sich in diesen so genannten Polykrisen behaupten zu können.

Der Industriezweig Mikroelektronik, dem der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig heute einen Thementag widmet, ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften und – angesichts der geopolitischen Umwälzungen – letztlich ebenso für die Sicherheit in Europa. „Silicon Saxony“, Europas größter Standort der Mikroelektronik, fertigt bereits jeden dritten in der EU produzierten Chip.

Die Branche Mikroelektronik/Informations- und Kommunikationstechnik hat einen Anteil von jeweils 14 Prozent am sächsischen Industrieumsatz und am Auslandsumsatz der sächsischen Industrie. Im Hightech-Dreieck Dresden – Freiberg – Chemnitz sind rund 3.650 Betriebe mit 76.000 Beschäftigten tätig. Um die Branche sowie aktuelle Entwicklungen zu beleuchten, besucht Minister Dulig heute exemplarisch fünf Halbleiterunternehmen, die Exzellenz mit Resilienz verbinden: Freiberger Compound Materials (Freiberg), Sachsen-Kälte (Dresden), Infineon (Dresden), Jenoptik Optical Systems (Dresden) und Adenso (Moritzburg).

Martin Dulig: „Unsere Gesellschaft benötigt Chips, um die Herausforderungen der Gegenwart zu meistern: Digitalisierung, Energiewende, Elektromobilität, Künstliche Intelligenz. Silicon Saxony deckt mit den hier wirkenden Forschungseinrichtungen, Produzenten, Software-Firmen, Zulieferern und Dienstleistern die gesamte Wertschöpfungskette der Mikroelektronik ab und besitzt damit ein absolutes Alleinstellungsmerkmal.

Dazu ist Sachsen das deutsche Flächenland mit der größten Forschungsdichte. Dank dieser engen Verflechtung von Industrie, Spitzenforschung und Entwicklung ist der Freistaat hervorragend in Europa und der Welt aufgestellt. Das Know-how aus Sachsen hilft der EU, sich schrittweise aus der hohen Abhängigkeit vom US-amerikanischen und insbesondere vom asiatischen Markt zu lösen. ,Made in Saxony‘ stabilisiert die Lieferketten und macht Europa insgesamt krisenfester.“

Bosch, Globalfoundries, X-Fab und Infineon betreiben in Dresden einige der modernsten Halbleiterfabriken der Welt. Künftig werden auch Jenoptik (geplant ab 2025) und TSMC (als ESMC, voraussichtlich ab 2027) in Sachsen produzieren. Die Ansiedlung des taiwanesischen Halbleiterkonzerns TSMC in Dresden ist mit einem Umfang von rund zehn Milliarden Euro die bisher größte Einzelinvestition im Freistaat Sachsen. Sie macht das »Silicon Saxony« zu einem der fünf größten Halbleiterstandorte der Welt – ein Quantensprung für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Sachsen insgesamt.

Dulig würdigt den sächsischen „Chip-Geist“ der hiesigen Industrie und ihrer Beschäftigten: „Die Mikroelektronik profitiert von den vielen hoch qualifizierten Ingenieuren und Facharbeitern, die dazu beitragen, dass der Freistaat Sachsen in der Halbleiterindustrie eine Spitzenposition in Europa eingenommen hat. Unter dem Eindruck der neu entstehenden Produktionskapazitäten arbeiten wir verstärkt daran, dass Dresden auch künftig mit attraktiver Aus- und Weiterbildung sowie guten Beschäftigungschancen Heimat für Top-Leute aus nah und fern bleibt und wird.“

Freiberger Compound Materials GmbH (FCM)

Das privat geführte Familienunternehmen ist ein weltweit führender Hersteller von Verbindungshalbleitersubstraten für die Mikro- und Optoelektronik. Minister Dulig informiert sich bei einem Rundgang durch die Fertigung über die galliumbasierte Halbleiterfertigung: der erste Teil widmet sich der Kristallzüchtung, der zweite Teil dem Wafer-Bereich mit Blick in den Reinraum.

Das Unternehmen gehört zur international aufgestellten israelischen Firma Federmann Enterprises Ltd. Es wurde 1995 gegründet, baut jedoch auf die lange Tradition der Halbleiterindustrie auf, die seit 1957 in der Bergstadt Freiberg ansässig ist. In den vergangenen 25 Jahren wurden über 200 Millionen Euro in die moderne Fertigungsstätte mit einer derzeitigen Reinraumfläche von 1.700 Quadratmetern einschließlich aufwendiger Analyse- und Messtechnik investiert.

Das Hauptanwendungsgebiet für Freibergers halbisolierende GaAs-Wafer ist die Herstellung hochmoderner Hochfrequenzbauelemente zur elektronischen Signalverstärkung in der drahtlosen Kommunikation (4G/5G). Im Unternehmen sind etwa 350 hochqualifizierte Mitarbeiter beschäftigt.

Sachsen-Kälte GmbH Dresden

Der Spezialist für Kälte- und Klimatechnik (30 Mitarbeiter) entwickelt und installiert u.a. die Klimatisierung in Serverräumen. Das Unternehmen will das Geschäftsfeld Spezialgeräte für die Halbleiterindustrie stärker ausbauen und auch tiefer in die Medizintechnik einsteigen. 2022 erfolgte der Spatenstich für ein neues Firmengebäude in Dresden-Klotzsche. Dort sollen die Arbeitstätigkeiten an neuen zukunftsorientierten Chillern und Heat-Exchangern gebündelt werden. Das sind Spezial-Präzisionskühlgeräte für den Anlagenbau in der Halbleiterfertigung sowie für die Bio- und Medizintechnik.

Zu den Kunden gehören u.a. die großen Halbleiterhersteller in Sachsen – Infineon, Globalfoundries und Bosch. Im Neubau soll auch ein neues Service-Center „Grüne Technologie der Zukunft“ entstehen. Nach dem Besuch des Fertigungsbereichs auf der Marie-Curie-Straße informiert sich Martin Dulig am Standort des Neubaus zur nächsten Generation von Kältesystemen.

Infineon Technologies Dresden GmbH & Co. KG

Infineon hat im Mai 2023 den Spatenstich für ein neues Werk in Dresden gesetzt. Diese Erweiterung am bestehenden Standort im Dresdner Norden ist mit einem Investitionsvolumen von fünf Milliarden Euro eine der größten Einzelinvestitionen in der Geschichte des Halbleiterproduzenten. Ein Start der Fertigung ist im Herbst 2026 geplant. Rund 1.000 hochqualifizierte Arbeitsplätze sollen zusätzlich entstehen.

Infineon will mit dieser Investition die Fertigungsbasis für Halbleiter stärken, die die Dekarbonisierung und Digitalisierung befördern. Analog/Mixed-Signal-Komponenten kommen in Systemen zur Stromversorgung zum Einsatz, etwa in energieeffizienten Ladegeräten, in kleinen Motorsteuerungen für das Auto, in Rechenzentren und in Anwendungen im Internet der Dinge. Das Zusammenspiel von Leistungshalbleitern und Analog/Mixed-Signal-Bausteinen macht besonders energieeffiziente und intelligente Systemlösungen möglich.

Wirtschaftsminister Martin Dulig macht sich ein Bild vom aktuellen Stand der Bauarbeiten. Anschließend besichtigt er im Reinraum die siliziumbasierte Fertigung von Halbleiterkomponenten.

Jenoptik Optical Systems GmbH Dresden

Jenoptik ist ein global agierender Photonik-Konzern, dessen Schlüsselmärkte Halbleiter & Elektronik, Life Science & Medizintechnik sowie Smart Mobility umfassen.

Dresden ist einer der Hauptstandorte für den Bereich Mikrooptik. Jenoptik produziert in Dresden Mikrooptiken und Sensoren, die in Lithografie-Anlagen von Halbleiterausrüstern zum Einsatz kommen. Damit ist das Unternehmen seit vielen Jahren ein verlässlicher Technologie- und Fertigungspartner dieser Industrie, die global einen enormen Bedarf an Halbleiterbauelementen und Mikroelektronik bedient.

Derzeit investiert Jenoptik rund 90 Millionen Euro in den Standort Dresden. Ende 2024 wird im Airportpark Dresden die neue Hightech-Fab planmäßig fertiggestellt. Produktionsstart soll Anfang 2025 sein; die Mitarbeiterzahl wird sich vor Ort auf insgesamt mehr als 120 Beschäftigte erhöhen.

Adenso GmbH

Mit einem Rundgang durch die Fertigung der Adenso GmbH endet der Thementag. Martin Dulig informiert sich dort über innovative Robot-Anwendungen aus „Silicon Saxony“. Das 1998 gegründete Unternehmen ist auf die Entwicklung, den Aufbau und die Lieferung modularer Robot-Lösungen für Hochvakuum-Umgebungen spezialisiert. Das rund 50-köpfige Team mit Experten aus den Bereichen Maschinenbau, Elektroingenieurwesen und Softwaretechnik hat bereits rund 250 Projekte für Kunden der Halbleiter-, Optik- und Solarindustrie weltweit entwickelt.

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