Nicht nur Tiere im Regenwald, in Korallenriffen oder anderen exotischen Gegenden der Erde sind vom Aussterben bedroht. Die moderne industrielle Landwirtschaft hat auch viele einst zahlreiche Feldtiere der heimischen Fluren an den Rand des Aussterbens gebracht – von Hasen bis zu Rebhühnern. Und auch der Hamster ist in Sachsens Feldern längst zu einer Seltenheit geworden, sodass sich jetzt auch der Zoo Leipzig um ihn kümmern muss.
Um den Genpool für künftige Auswilderungsprojekte zu erhalten, haben das Sächsische Umweltministerium sowie der Zoo Leipzig eine eigene Zuchtstation geschaffen, die am Montag, 20. Juni, mit einem Besuch von Staatssekretär Dr. Gerd Lippold und Zoodirektor Prof. Jörg Junhold offiziell in Betrieb genommen wurde.
„Ich freue mich sehr, dass wir mit dem Zoo Leipzig einen weiteren Partner im Hamsterschutz gefunden haben. Der Hamster ist Teil unseres Naturerbes. Angesichts der Biodiversitätskrise ist es notwendig und begrüßenswert, dass wir hier diese Möglichkeit geschaffen haben“, sagt Dr. Lippold.
Es braucht dringend Veränderung in der sächsischen Landwirtschaft
„Als Kulturfolger und Steppenbewohner ist der Feldhamster eng an die Landwirtschaft gebunden. War er früher auf nahezu jedem Acker zu finden, so ist er heute durch die Art der Bewirtschaftung
weitgehend verschwunden. Damit der Hamster auch dauerhaft in Sachsen überleben kann, brauchen wir Veränderungen in der Landwirtschaft“, betonte Lippold.
„Es gibt zum Teil sehr schnell und einfach umzusetzende Maßnahmen, die einen großen Nutzen für den Feldhamster haben: eine spätere Getreideernte, die Ährenernte, das Anlegen spezieller Pflanzenstreifen (aus Ackerbohne, Blühmischungen, Luzerne oder Lupine) oder eine Untersaat mit Leguminosen. Auch das ist erwähnenswert, ist doch die Zuchtstation eine Reaktion auf die Verdrängung des Feldhamsters aus der Agrarlandschaft.“
„Wir müssen handeln, sonst stirbt der Feldhamster aus“, sagt auch Zoodirektor Prof. Jörg Junhold. „Der Bestand in Sachsen liegt bereits unterhalb der Nachweisgrenze. Um in den nächsten Jahren genügend Nachwuchs zu haben, damit wir den Bestand stützen können, werden wir unsere Expertise in der Wildtierhaltung und den Austausch mit Kollegen von Zuchtstationen in anderen Regionen Deutschlands nutzen. Mit ersten Auswilderungen können wir in den kommenden Jahren rechnen.“
Die Zeit drängt, deshalb habe die neue sächsische Hamsterzuchtstation im Zoo Leipzig ihren Betrieb bereits vor der offiziellen Eröffnung am Montag aufgenommen, teilt der Zoo mit. 40 Feldhamster aus Thüringen sind seit April in die Zuchtstation im Zoo Leipzig eingezogen.
Perspektivisch könnten es Tiere aus ganz Mitteldeutschland werden. Die ersten Exemplare haben neben der Quarantäne auch einen Gesundheitscheck absolviert. Zudem finden genetische Analysen statt, um den Genpool der ehemals zusammenhängenden mitteldeutschen Hamsterpopulation zu erforschen und perspektivisch sichern zu können. Das erklärte Ziel ist der Aufbau eines wissenschaftlich geführten Zuchtbuches, um die Hamsterpopulation bestmöglich zu managen.
Erste Verpaarungen fanden schon statt – ohne Blitzlichtgewitter
Die ersten Verpaarungen im Zoo Leipzig haben sogar schon stattgefunden, in der Station herrscht Ruhe, um das große Vorhaben des Arterhalts nicht zu gefährden. Die Eröffnung des großen Projektes musste deshalb ganz klein stattfinden. Ohne Presse und Blitzlichtgewitter.
Damit das Projekt erfolgreich laufen kann, müssen sich die Feldhamster wohlfühlen. Hierfür wurde in Anlehnung an bereits bestehende Projekte in anderen Regionen Deutschlands ein Gehege-System entwickelt, in dem mehrere Bereiche mit Röhren verbunden sind, sodass die als Einzelgänger lebenden Tiere ihren individuellen Platz bestmöglich nutzen können. Auf dem Speiseplan steht mehrmals wöchentlich eine Körnermischung. Grünfutter, Gemüse und tierisches Eiweiß ergänzen das Futterangebot.
„Wir tun alles, damit sich die Hamster gut einleben und sich erfolgreich fortpflanzen können. Es geht um nicht weniger als den Erhalt ihrer Art, anderenfalls verschwindet wieder ein Stück Biodiversität“, warnen Dr. Lippold und Prof. Junhold unisono.
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