โConnewitz wird brennenโ. So lautet ein Twitterpost in der Nacht vom 6. auf den 7. Juli 2016, welchen der Leipziger Nutzer des Netzwerkes bereits wieder gelรถscht hat. Doch er beschreibt den noch weiter gezogenen Kreis, welcher sich im Vorfeld des heutigen 9. Juli rings um die Auseinandersetzungen zwischen Legida und ihren Gegnern gezogen hat. Nach dem รberfall auf den Legida-Ordner Ronny U. am Abend des 4. Juli in Bรถhlen rast eine Welle des Hasses gegen die unbekannten Tรคter durchs rechte Netz. Heute mรถchte man seitens Legida ab 15 Uhr auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz โgegen Gewaltโ demonstrieren.
+++ 18:30 Uhr: Zum Versammlungsgeschehen die Polizei & ein paar Fragen +++
Zusammengefasst kรถnnte man sagen, es war aus polizeilicher Sicht nichts los. Was ja dem Motto des Tages entspricht โ beide Seiten hatten ja zumindest Gewaltlosigkeit auf der Fahne stehen. Bis auf einen angetrunkenen 72-jรคhrigen Mann, welcher offenbar am Motto wenig teilnehmen wollte und sich in den Reihen von NoLegida auf dem Addis-Abeba-Platz mit einem Cuttermesser einfand, vermelden die Beamten einen vorkommnisfreien Nachmittag in Leipzig.
Wรคhrend sich der zeitig betrunkene Teppichschnippler vom NoLegida-Veranstalter der Polizei รผbergeben und nun ernรผchtert einer Anzeige wegen des Verstoรes nach dem Waffengesetz in Verbindung mit dem Versammlungsgesetz konfrontiert sieht, darf man also Gewaltfreiheit vermelden (Stand 18:30 Uhr).
Interessant fรผr die Geschichtsbรผcher vielleicht โ offenbar war es amtlich gesehen heute eine Legida-Veranstaltung welche keine war. Laut Polizei hatte โeine Privatperson eine Versammlungโ unter dem Motto โWir gegen Gewaltโ angemeldet. Stellen sich also noch sicher wenig ernsthafte Fragen im Nachgang an Legida und alle Sympathisanten. Wer ist dieser โWirโ, wenn ja, wie wenige?
Vor allem aber: kann man demnรคchst bei Legida Werbekampagnen fรผr seine Demonstration in Auftrag geben? โWir fรผr mehr Hass im Netzโ, โWir wollen alles und das jetztโ oder โWir fรผr unsโ wรคren erste, und mal positiv, nach vorn formulierte Vorschlรคge fรผr die nรคchste Demonstration, welche Legida und doch nicht Legida machen kรถnnte.
+++ 17:20 Uhr: Mal wieder Netz contra Realitรคt +++
Allmรคhlich sollte man wohl alle Anmeldungen seitens Legida deutlich anders unter die Lupe nehmen. Es werden โ wie am Montag, den 4. Juli bereits geschehen โ 1.000 Teilnehmer angemeldet, der Polizeieinsatz wird entsprechend geplant und durchgefรผhrt und es kommen 250. Man rรคumt auch aufgrund dieser Anmeldungen den Richard-Wagner-Platz ein, beschneidet andere Initiativen fรผr die Islam- und Auslรคnderfeinde und anschlieรend beweist Legida ein ums andere Mal, dass sie das Recht auf Demonstrationsfreiheit dazu nutzen, mit Minigruppen, welche auch andere Routen nehmen kรถnnten, den Ring lahmzulegen.
Am heutigen 9. Juli lag die von Legida angemeldete Zahl der erwarteten Teilnehmer bei 2.000. Zu zรคhlen waren um die 100, vor Ort versuchte man nach der massiven Mobilisierung auf der Facebookseite von Legida fast so zu tun, als ob es mit dem Bรผndnis nichts zu tun hรคtte. Im Vorfeld hatte das Bรผndnis jedoch die Mรถglichkeiten Facebooks genutzt, um gegen Jรผrgen Kasek zu hetzen und das Bild in die Welt zu stellen, er sei Schuld am รberfall auf einen Ordner namens Ronny U. am Montag, den 4. Juli. Statt die Ermittlungen abzuwarten oder sich mal wirklich mit dem Thema Gewalt auch in den eigenen Reihen zu befassen, rief man zur โWir gegen Gewaltโ โ Demo. Es sollte eine Massenveranstaltung werden โ doch irgendwie glaubt auch Legida keiner mehr so richtig nach all den Monaten.

Am Ende haben es ihnen nicht einmal die eigenen Anhรคnger abgenommen. Die Gewaltaffinitรคt ist bei Legida selbst offenkundig schon so tief verankert, dass es ganz im Gegenteil zu deutlichen Statements kam, man hier eher zu Gegengewalt aufrief. Auch eine Frau, welche es sich seit Monaten zur Aufgabe bei Pegida und nun im Namen Legidas machte, gegen alles und jeden zu polemisieren, der nicht AfD, Deutsch oder die eigene Bewegung ist, fehlte heute ebenfalls.
Tatjana Festerling vermochte sich offenbar nicht hinter der Gewaltlosigkeit versammeln. Vielleicht war sie mal wieder in Bulgarien โ Flรผchtlinge jagen โ und hatte einfach keine Zeit fรผr ihr Hobby Legida? In einem jedenfalls hat Legida heute Wort gehalten โ die bereits bekannten Extremisten kamen nicht, eventuell malen diese lieber an den nรคchsten Bannern und hรคngen sie an Brรผcken oder organisieren weitere Kampagnen gegen Andersdenkende?
Wie das Selbstverstรคndis in der angeblichen Opferrolle bei Legida ansonsten so ist, zeigte heute eine andere Szene. Am Rande der Ansprache von โJensโ รคuรerte eine Dame unter kรถrperlichem Einsatz gegen einen erkennbaren Pressevertreter der L-IZ: โVerschwinden Sie hier, ich habe es satt. Gehen Sie rรผber zu dem Gesindel, Sie Feiglingโ und zeigte auf den Gegenprotest. Dumm fรผr die angebliche Friedfertigkeit, dass Ihre รuรerungen auf einem L-IZ โ Mitschnitt landeten. Ein guter Anfang fรผr einen gewaltlosen Dialog sieht jedenfalls deutlich anders aus.
Die Demonstrationen gingen (Stand 17:30 Uhr) ohne weitere Vorkommnisse zu Ende. Nun folgen noch ein paar Videosequenzen und der Polizeibericht.
+++ 16:50 Uhr: Noch einmal zurรผck zu einem Redebeitrag, in dem es um Geld geht +++
Redner โJensโ spricht รผber รkonomie und warum die Flรผchtlinge das ganze Geld bekommen. Video L-IZ.de
Das klingt doch richtig gut, was der Jens da zu erzรคhlen hat. Aus seiner Perspektive dรผrfte es auch stimmen, dass Deutschland im engeren Sinne kein reiches Land ist (ist es doch), wenn man die Staatsverschuldung nimmt. Ein Gesprรคch mit einem guten รkonomen kรถnnte da jedoch helfen. Einer Staatsverschuldung stehen immer auch Gรผter des Allgemeinbesitzes und die Produktivitรคt einer Bevรถlkerung gegenรผber. Und natรผrlich auch Sparguthaben und Privatbesitz. Da muss sich Deutschland (statistisch) wahrlich keinen Kopf machen.
Und ein Staat muss hier und da investieren, um in ein paar Jahren auch โErntenโ einfahren zu kรถnnen โ Bildung ist da ein sehr schรถnes Beispiel, Entwicklungshilfe auch.
Verteilungsgerechtigkeit ist wohl eher ein Begriff, der debattiert werden sollte. Auch mit Jens, wenn ihm das nicht โzu linksโ ist (Video folgt, dann kann man noch mal schauen, ob er es auch so sieht). Seine Lรถsung โ allerdings etwas an den oben genannten Fakten vorbei โ den Menschen in der โdritten Weltโ helfen, dann mรผssen sie nicht hierher. Entwicklungshilfe demnach, sehr gut โ da muss wirklich mehr Geld rein und weniger Waffen wรคren auch nicht รผbel. Nur ist es fรผr Jens offenbar ein Problem mit dem Teilen, wenn es in Deutschland stattfindet. Also direkt vor Ort, nicht immer leicht bei diversen Regimen โ aber richtig im Gedanken.
Nun die Preisfrage: Wer es Jahrzehntelang nicht so mit dem Teilen hatte, ist halt nun dazu gezwungen. Eine Frage der Reihenfolge.
Interessant, dass die Bereitschaft dazu also nun gestiegen ist, seit die Flรผchtlinge kommen. Da sollte die Politik mal genauer hinhรถren. Auch wenn es sein kรถnnte, dass es der Jens so eigentlich doch nicht meint โ obwohl er natรผrlich die Auslรคnder mag, die hier (das Dรถnermann-Beispiel) ihren Lebensunterhalt verdienen. Mit denen muss er nรคmlich gar nicht teilen โ die kรถnnen sich selbst ernรคhren und ihn gleich noch mit: fรผr 3 Euro oder so.
Nachtrag zum Video
Ein paar Worte noch zusรคtzlich zu den โรถkonomischen Darstellungenโ von โJensโ an dieser Stelle, da es sich um einen der Dreh- und Angelpunkte bei der Propaganda gegen neue Mitbรผrger, Flรผchtlinge und Asylbewerber handelt.
Von einem Reichtum oder einer Armut einer Gesellschaft muss man immer in mehreren, alle letztlich mit dem Erfolg eines Zusammenlebens verknรผpften Kategorien sprechen. Soziokulturellen, รถkonomischen, binnen- und auรenwirtschaftlichen sowie Faktoren, welche zukรผnftig auf die Gesellschaft einwirken werden. So ist es beispielsweise unter dem Gesichtspunkt der รkonomie auch wichtig, wie die Sicherheitslage eines Landes ist, wie die Bildung der Bรผrger, wie das Wirtschaftsklima und natรผrlich auch, wie ein Land mit neu hinzukommenden Menschen umgeht.
Apropos Umgang: Gleich zu Beginn seiner von der รผblichen Legida-Rhetorik getragenen Rede des teuren Flรผchtlings, den das Land nicht benรถtige und den Staat Unsummen kosten wรผrde, wertet โJensโ den Gegenprotest als nicht Steuern zahlend und unerfahren (nichts begriffen) ab.
Selbst wenn dem so wรคre, sollte er sich auf der sozioรถkonomischen Ebene bei ihnen bedanken gehen. Mal abgesehen davon, dass sie mal seine Rente zahlen werden. Denn nicht er, sondern sie sind es, welche versuchen, รผber viele Initiativen Flรผchtlinge in die Stadtgesellschaft zu integrieren. Und der Beginn ist dabei immer das Kennenlernen. Da scheint der Wille bei โJensโ vermutetermaรen im Besuch seines Dรถnerladens zu enden.
Der Rest, der nicht gleich Arbeit findet (weil viele auch nicht arbeiten dรผrfen) gehรถrt hier nicht her, sagt der โJensโ und muss ins Kriegsgebiet oder ins soziale Elend zurรผck. Dann kann man ihnen โzu Hauseโ helfen. โJensโ ist sicherlich seit Jahren in unzรคhligen Initiativen aktiv, welche sich um Entwicklungshilfe in fernen Lรคndern bemรผhen. Und weil wir ja keine Unmenschen sind, warten wir ab, bis die Kriege zu Ende sind. Kann dauern. Wann das ist, weiร auch der โJensโ nicht โ aber er weiร: Die gehรถren hier nicht her, also zahlen wir auch nix.

Im Weiteren aber sollte sein Dank an die Gegendemonstranten gehen, weil Menschen, die sich in einem sozialen Umfeld wiederfinden, weniger kriminell werden, als Menschen, welche isoliert und herabgewรผrdigt werden. Anders gesagt: Da versuchen gerade viele Menschen, es nicht dazu kommen zu lassen, dass sich ein รถkonomisch und sozial isolierter Flรผchtling an โJensโ Geldbรถrse zu schaffen macht. Wรคhrend โJensโ glaubt, die Frage dadurch lรถsen zu kรถnnen, indem er sagt: Auslรคnder raus. Hat er nicht gesagt, stimmt. Aber gemeint.
Aber โJensโ sieht in seinem Redebeitrag ja noch mehr. Nรคmlich, dass Geld, welches in die Flรผchtlingsaufnahme und Integration flieรt, fรผr andere Investitionen fehlen wรผrde. Er scheint neu in der Debatte zu sein โ sonst wรผsste er, dass die Diskussion, mehr Geld in Bildung, Sicherheit, Verkehrsinfrastruktur und Zukunft zu stecken, in Sachsen bereits seit mindestens 2009 auch auf der L-IZ.de tobt. Als demokratische Debatte versteht sich โ manchmal kommt sie einem in der Tat sehr zรคh vor.
2009. Da waren die Flรผchtlingszahlen in Deutschland nahe dem Nullpunkt, bis 2014 รผbrigens.
Interessant ist auch, dass โJensโ nicht verstanden hat, dass eine Investition ins โeigene Volkโ immer auch bedeutet, Straรen, Schulen und Wohnungen fรผr alle zu bauen. Es sei denn, er mรถchte einen blauen Passierschein A37, oder halt einen neuen Judenstern, der dann den Bezug der neuen Sozialwohnung ausschlieรt. An denen kรถnnte es tatsรคchlich fehlen, am besten baut man sie bei dem Bevรถlkerungswachstum in der Stadt in allen Leipziger Vierteln, damit die Segregation sich nicht fortsetzt โ aber weiรe Wohnungen fรผr weiรe Bรผrger wird es wohl nicht geben, โJensโ.
Es werden รผbrigens Kitas und Schulen am Stรผck neu gebaut in โSachsenโ. Da hat der Jens nicht mitbekommen, dass seine โZusammenlegungen von Schulenโ auf dem Land stattfinden โ hier schlรคgt gerade der demografische Faktor zu โ wรคhrend Leipzig mit den Neubauten und Sanierungen kaum noch hinterherkommt. รbrigens vor allem, weil die Leipziger Kinder bekommen und immer mehr in unserer Stadt leben wollen.
Dass auch die Kitas und Schulen nicht nur fรผrs โeigene Volkโ gebaut werden, ist dabei auch selbstverstรคndlich. Ansonsten โ siehe oben, die Sache mit dem Passierschein. Kรถnnte man ja gleich mehrere Arten entwerfen: โDeutscher Steuerzahlerโ fรผr โJensโ vielleicht. In Rot, wenns wenig ist und in Grรผn, wenn er ganz viel einzahlt.
Und am Ende muss man den โJensโ durchaus auch was fragen: Was er besser findet. Einen Flรผchtling, welcher vielleicht in 5, 10 oder 15 Jahren tatsรคchlich in sein Land zurรผckkehrt und sich freundschaftlich an ihn erinnert, vielleicht durch einen Berufsabschluss was dazugelernt hat und sein Land tatsรคchlich nach Krieg und Verderben wieder aufbauen kann. Oder einen, welchen der โJensโ ohne Chancen bis dahin einfach so vor sich hinvegetieren lรคsst?
Wรผrde man die Sprache von Jens verwenden (was hier zugegebenermaรen teilweise passiert ist), mรผsste man es wohl so formulieren: โWenn der Jens heute Steuern zahlt, dann kann er das, weil er eine Schulbildung gesponsert bekam. Das Fach รkonomie gabs zwar nicht, aber er hat Deutsch gelernt. Sehr wahrscheinlich kam das Geld dazu auch von zugewanderten Steuerzahlern. Und die Polizei kann heute auf ihn aufpassen, wรคhrend er seine Reden schwingt, weil auch der von ihm angesprochene `Dรถnermann` Steuern zahlt. Und wenn der liebe โJensโ mal alt ist oder Hartz IV bekommt, dann werfen wir ihn einfach aus dem Land โ denn dann zahlt er ja auch keine Steuern mehr. Und fรผr den Zufall, ausgerechnet hier geboren zu sein, gibt es keinen Bonus.โ
Fazit: Vielleicht kรถnnte โJensโ sich ja ab und zu mit Menschen unterhalten, die etwas รผber รkonomie wissen. Ein bisschen Volkswirtschaftslehre wรคre auch gut und Bildungspolitik. Bei Pegida in Dresden 16-Jรคhrige zu fragen, um sie vorzufรผhren, sollte man sich lieber รผberlegen. Denn die haben erstmal nur ein nicht ganz falsches Gefรผhl, dass der รkonomie-Lehrer โJensโ vor allem eines mรถchte: Andere Menschen ausgrenzen und รคrmere Menschen gegen Flรผchtlinge ausspielen. Hier schรถn mit einer volkswirtschaftlichen รkonomie aus der heimischen Wohnstube.
Denn alle beklagbaren Missstรคnde in einem der nachweislich reichsten Lรคnder der Erde haben mit Flรผchtlingen rein gar nichts zu tun. Wรคre man wieder bei dem Thema, dass mehr Gleichberechtigung und Bildung wirklich allen gut tun wรผrde. Auch dem โJensโ.
+++ 16:40 Uhr: Mal ein Blick auf die andere Seite +++
Der Gegenprotest ist weiter angewachsen, auf der Seite von NoLegida dรผrften die 200 Teilnehmer รผberschritten sein โ auch wenn dies wie immer vor Ort ad hoc schwer abzuschรคtzen ist. Eins, zwei Gegenprotestler wollten sich der Gewaltlosigkeit nicht so ganz anschlieรen und die Polizei hat den Ruf vernommen.
Nach einer Rangelei wird ein Teilnehmer des Gegenprotestes (etwas abseits der eigentlichen Gegenproteste) abgefรผhrt. Im Umfeld der Legida-Demonstration hatte sich eine etwa 10 Personen groรe Gruppe in einer spontanen Gegendemonstration auf der Legida-Strecke versucht und war abgedrรคngt worden.
Insgesamt bleibt das Bild jedoch รผbersichtlich. Die Polizei dรผrfte heute in der zahlenmรครigen รberlegenheit vor Ort sein, die Lage ist so weit entspannt.
+++ 16:21 Uhr: Weitere Redebeitrรคge zu Gewalt bei Legida +++
Ein weiterer Redner hat sich noch mal mit den รberfรคllen auf Legida befasst und listet 3-4 Beispiele auf, bei denen es zu kรถrperlichen Angriffen (darunter auch Ronny U. vom Montag, ein Fall, wo dies unklar ist) gegen Teilnehmer gekommen ist. Jeder einzelne Fall ist falsch โ dies auch mal deutlichst und wiederholt vonseiten der L-IZ. Auch uns fallen natรผrlich welche ein: darunter auch das rรผde angegangene Rentnerpaar ganz vom Beginn der Demonstrationen damals noch auf dem Augustusplatz, eine attackierte Frau im Waldstraรenviertel (ebenfalls vom Beginn) und einige eher als Schlรคgerei zu titulierende Aufeinandertreffen von Hooligans auf Gegendemonstranten in der Folge ebenfalls 2015.

Aber die Anzahl von drei lรคsst nun weniger auf andauernde und massive รbergriffe auf Beteiligte der Legida-Demonstrationen angesichts der Menge und Hรคufigkeit der Demonstrationen seit Anfang 2015 schlieรen, lรคsst man den noch ungeklรคrten Fall um Ronny U. mal auรen vor. Da hat Legida gegenรผber Journalisten allein mehr auf dem Kerbholz.
Der namentlich unbekannte Redner fordert die Medien dazu auf, zur Gewaltlosigkeit aufzurufen. Da kommt er zwar spรคt damit โ aber natรผrlich stimmen wir da zu.
L-IZ โ Leser wissen, dass dies lange Zeit eine Art Dauerkampagne dieser Zeitung war. Aber immer wieder gern: Bleibt alle ruhig, keine Gewalt! Und wer einen Journalisten attackiert, wird natรผrlich angezeigt โ wissen ja einige Legida-Teilnehmer schon.
+++ 16 Uhr: Eine Minirunde bei einer Miniveranstaltung +++
Legida hat sich nun doch entschieden, das kleine Hรคuflein in Bewegung zu setzen. (zu den bisherigen Redebeitrรคgen kommen wir gleich noch) โAlerta, alerta, Antifaschistaโ ertรถnt es vom Bayerischen Platz entgegenkommend. Eine Gruppe von 10 Personen versucht eine Gegendemonstration anzumelden โ insgesamt ist das heute alles eher eine der รผblichen (gewaltfreien) Kleinstkonfrontationen statt der seitens Legida offenbar erwarteten Revolution an diesem Samstag.
Legida dreht dem folgend auch nur eine Minirunde um den halben Wilhelm-Leuschner-Platz โ ein Marsch von vielleicht 10 Minuten mit knapp 100 Teilnehmern.
+++ 15:30 Uhr: Wie funktioniert das bei Legida? +++
Madlen malt das Bild einer wegen der Flรผchtlinge untergehenden Gesellschaft. Video L-IZ.de
Madlen, die erste Rednerin, hat so etwas wie das Standardrepertoire von Legda bei ihrer Ansprache parat. Erst geht es relativ locker los, die Gewalt von links wรผrde eskalieren, die Politik nicht handeln und die Medien verharmlosen. Links und Rechts wรผrden sich spalten lassen, doch eigentlich gehe es ja um den Kampf gegen die Herrschenden.
Ok, richtig ist, dass โLinkeโ โ vielleicht sagt man mal einfach โdifferenziert denkende Menschenโ? โ eher wenig Lust haben, sich mit Leuten zusammenzutun, welche als Nรคchstes folgendes anbieten: Nun verliest Madlen einen imaginรคren Brief einer Mutter an ihre Tochter, bei welchem es sich um die ganz normale Hetze handelt.
So schreibt die imaginierte Mutter an ihre nicht vorhandene Tochter, dass sie sie nun nicht mehr schรผtzen kรถnne. So kann nun die Tochter nicht mehr auf dem Spielplatz spielen, denn es sind ja nun Flรผchtlinge da, die morden und rauben wรผrden. Das ist einfach auslรคnderfeindliche Hetze. Es gibt also keinen Grund, den Medien Verharmlosung vorzuwerfen. Das kann man nur so beschreiben.
+++ 15:10 Uhr: Enttรคuschung bei Legida โ stell Dir vor, es glaubt keiner +++
Der โLange aus Roรweinโ schwรถrt auf Gewaltlosigkeit. Video L-IZ.de
Eigentlich mรผsste die Polizei mal den Helikopter landen lassen und selbst zu etwas mehr Ruhe zurรผckfinden. Rund 100 Teilnehmer haben sich gerade einmal bei Legida eingefunden. Offenbar glaubten die rund 3.000 Menschen, welche die Anschuldigungen gegen Jรผrgen Kasek, welcher laut Legida immerhin angeblich Auftrรคge an die Antifa erteilen kรถnne, im Netz geteilt haben, selbst nicht so richtig dran. An die Gewaltlosigkeit wohl auch nicht.

Von einem breiten Protest, wie von Legida im Vorfeld verkรผndet, ist jedenfalls nichts zu sehen. โDer Lange aus Roรweinโ โ ein Dauerredner bei Legida und bekannt fรผr schlechte Parodien auf den Leipziger Polizeichef โ zeigt sich enttรคuscht. Der Rundgang kรถnnte aufgrund der mangelnden Menge abgsagt werden. Derzeit รผberlegt Legida, eine stationรคre Kundgebung zu veranstalten.
+++ 14:40 Uhr: Matter Auftakt โ eine misslungene Inszenierung +++
Die Innenstadt ist mal wieder halb verrammelt, der Helikopter kreist am Himmel und bei Legida haben sich bislang kaum mehr als 50 Personen eingefunden. Etwa 100 Gegendemonstranten von NoLegida & Leipzig nimmt Platz haben sich unterdessen an der Brรผderstraรe auf dem Addis-Abeba-Platz eingefunden. Viel Zeit hatten beide Seiten nicht zur Mobilisierung im Vorfeld, seit Mittwoch erst wirbt Legida fรผr seinen Aufmarsch am heutigen Samstag in der Leipziger City.
Wรคhrend man hier im Angesicht des bislang ungeklรคrten รberfalls auf einen eigenen Ordner โgegen Gewaltโ demonstrieren mรถchte, ist NoLegida heute mit dem Slogan: โSolidaritรคt mit allen Betroffenen rechter Gewaltโ am Start.
Interessant wird demnach sicher werden, ob heute โ wie sonst regelmรครig โ bei Legida Vertreter der Rechtsradikalen bis โextremen Szene auftreten werden. Beworben hatte man die Veranstaltung mit dem Hinweis: โWir werden gemeinsam zur Demonstration โWIR GEGEN GEWALTโ keinerlei Neonazis, Antifa oder jegliche Extremisten dulden! Nicht am Samstag und auch nicht zu jeder weiteren Demonstration, zu der wir aufrufen!โ
Bereits im Vorfeld hatten sich einige Fans der Islamfeinde gemeldet und mitgeteilt, an der Sache nicht teilnehmen zu wollen, es helfe ja doch nur noch Gegengewalt. Frage Nummer zwei dรผrfte also heute auch sein, ob Legida den Anspruch selbst รผberhaupt wird einlรถsen kรถnnen.
Bereits im Vorfeld war es zu massiven Bedrohungen gegenรผber NoLegida-Mitinitiator und Rechtsanwalt Jรผrgen Kasek vor seiner Kanzlei in Leipzig Stรถtteritz gekommen Auf einem Transparent war zu lesen gewesen: โKasek = Auftragskillerโ, in die Welt gesetzt durch โWir lieben Sachsen / Thรผgidaโ (als โZusendung aus Leipzigโ) โ ein mindestens durch den bekannten Ex-NPD-Kandidaten und heutigen โDie Rechteโ-Mitglied und Dauerteilnehmer bei Legida Alexander Kurth. Laut Eigendefinition von Legida mรผsste der einschlรคgig vorbestrafte Gewalttรคter ebenso des Platzes verwiesen werden, wie dem Anfang 2016 aus der NPD entschwundenen Stadtrat Enrico Bรถhm.
Bislang bleiben die Ausschlรผsse und Beteuerungen seitens Legida demnach eher Lippenbekenntnisse, die gesamte Zeit vor der heutigen Demonstration war von immer wiederkehrenden Gewaltphantasien im Netz geprรคgt, die Beteiligung von einschlรคgig bekannten Rechten in den eigenen Reihen war angesichts breiter Berichterstattung offenkundig wissentlich geduldet.
In Connewitz jedenfalls ist man angesichts des Gewaltexzesses vom 11. Januar 2016 vorgewarnt. Noch einmal mรถchte man nicht erleben, wie รผber 200 Mรคnner durchs Viertel ziehen und Schaufensterscheiben zerschlagen, rechte Parolen brรผllen und sich wie die SA aufspielen. Bis heute hat sich Legida zum Gewaltexzess dieses Montages nicht geรคuรert, dass hier eher heimlich Applaus geklatscht wurde, ist ebenso anzunehmen, wie bei den ebenfals unkommentierten รbergriffen auf Journalisten aus Legida-Demonstrationen heraus.
Es bleibt eine Inszenierung โgegen Gewaltโ seitens eines Bรผndnisses, welches einen polizeilich noch ungeklรคrten Fall zur Heldenverklรคrung nutzt. Legida hat mit Ronny U. einen Mรคrtyer gefunden, welcher auch bereitwillig die Kampagne unterstรผtzte.
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Es gibt 2 Kommentare
Ich lach mich schlapp. Ab heut ist โJensโ der neue โRonnyโ. :0)
Billige Nummer, dieser โBriefโ. Das ist ja selbst fรผr RTL2-Dauerkonsumenten zu flach.