Von Beginn an galt der Pegida-Ableger in Leipzig als radikaler und auch gewaltbereiter als die Islamfeinde in Dresden. Bereits mit dem 21. Januar 2015 wurde klar, dass sich gewaltbereite Hooligans, rechtsextreme Kameradschaften und NPD-Mitglieder unter die Legida-Demonstranten gemischt hatten. Schon an diesem Tag traten sie teils vermummt auf, um anschlieรŸend Journalisten zu hetzen, warfen Steine auf Kamerateams und skandierten โ€žLรผgenpresseโ€œ. Auch wenn sich die Zahl der Teilnehmer seither von rund 5.000 immer weiter reduzierte โ€“ die Aggressivitรคt blieb. Und bis zuletzt schaute das Ordnungsamt Leipzig dieser offenbar nur noch zu.

Dies soll sich nun, glaubt man den Ergebnissen des Vorgesprรคches zwischen Vertretern von NoLegida, โ€žLeipzig nimmt Platzโ€œ und dem Ordnungsamt am 25. Februar 2016, nachhaltig รคndern. Die starken Strahler bei Legida, welche zuletzt durch die direkte Blendung von Journalisten praktisch die Vermummung ersetzt hatten, sollen nun laut Aussagen von NoLegida untersagt werden, die Angelruten verboten sein und Bรถller sind wie auch das Fischer-Utensil auf einer Demonstration eh untersagt, da sie nicht den Normen einer mitfรผhrbaren Fahnenstange aus Holz entsprรคchen (alle Antworten des Ordnungsamtes am Ende des Artikels in vollstรคndiger Form).

Der Wille seitens der Stadtverwaltung, die Auflagen auch zu beaufsichtigen und gegebenenfalls vor Ort auch umsetzen zu lassen, scheint dennoch gering. Auf Nachfrage der L-IZ.de lรคsst das Ordnungsamt รผber die Kommunikationsabteilung der Stadt ausrichten: Bislang habe man die Benutzung der Blendlichter nicht untersagt, lediglich die von Legida genutzten Lichtmasten seien so auszurichten gewesen, dass die Gegendemonstranten davon nicht geblendet wรผrden. Zu den Blendlichtern jedoch heiรŸt es: โ€žEin Verbot der Benutzung von Handleuchten ist nicht als Beschrรคnkung in Bescheiden formuliert.โ€œ

Nun kรถnnte man vermuten, dem Ordnungsamt ist die Arbeit von Journalisten derart egal, dass es zwar beauflagt wurde die Gegendemonstrationen nicht zu blenden, aber bei den Pressevertretern ginge das klar. Doch das Problem, dass diese Leuchten offensichtlich sogar genutzt wurden, um einen kรถrperlichen Angriff auf einen L-IZ โ€“ Redakteur zu unterstรผtzen, ist eigentlich keines โ€“ so das Amt. Denn man ist der Meinung, diesen Einsatz gegen die Presse wรผrde Legida ganz von allein regulieren. โ€žDie fraglichen Leuchten wurden bisher gelegentlich von einzelnen Personen benutzt. In diesen Fรคllen ist zunรคchst ein Eingreifen durch Ordner angezeigt und im Regelfall ausreichend.โ€œ

Nun ist die Beschreibung eines nicht stattfindenden Idealfalls im Lichte der unzรคhligen Berichte รผber gezieltes Blenden zwar keine Antwort auf die Frage, wie das Ordnungsamt beim Ausbleiben des aufmerksamen Ordners bei Legida die Sache regeln mรถchte, doch im Zweifel kรถnne man schlieรŸlich eh nichts ausrichten.

Hier marschiert der nationale Widerstand ... vermummt. Wer hier Polizeibeamte auf dem Bild vermisst, vermisst richtig. Foto: L-IZ.de
Hier marschiert der nationale Widerstand โ€ฆ vermummt. Wer hier Polizeibeamte auf dem Bild vermisst, vermisst richtig. Foto: L-IZ.de

So heiรŸt es auf die Frage, ob nach Kenntnis des Ordnungsamtes auch zur Unterbindung von Bรถllerwรผrfen und eben dem Mitbringen nicht gestatteter Gegenstรคnde Kontrollen bei den Demonstrationsteilnehmern stattfinden wรผrden: โ€žDie Versammlungsbehรถrde ist zur Vornahme der genannten Handlungen weder selbst ermรคchtigt, noch hat sie Weisungsbefugnis gegenรผber den Polizeivollzugsbehรถrden. Allerdings dรผrften regelhafte flรคchendeckende Personen- und Taschenkontrollen ohne besonderen konkreten Anlass einen erheblichen Eingriff in Rechte Dritter bedeuten, der gegenรผber den Teilnehmern an einer nichtverbotenen รถffentlichen Versammlung ohne konkreten Hinweis auf Gefahren fรผr die รถffentliche Sicherheit und Ordnung kaum gerechtfertigt scheint.โ€œ

Belastbare Auskรผnfte, ob es solche Kontrollen gรคbe, kรถnne โ€ždas Ordnungsamt hierzu mangels eigener Kenntnis nicht erteilen.โ€œ In einer weiteren Antwort versichert das Amt dennoch, dass โ€ždie mit Bescheid erteilten Auflagen (โ€ฆ) regelhaft auf Einhaltung รผberwachtโ€œ werden.

Die Bitte um die Unterbindung der Blendungen auf Twitter & die Antwort der Stadt Leipzig am 5. November 2015. Screenshot: Twitter, Stadt Leipzig
Die Bitte um die Unterbindung der Blendungen auf Twitter & die Antwort der Stadt Leipzig am 5. November 2015. Screenshot: Twitter, Stadt Leipzig

So baut man einen gordischen Knoten auf. Erst schreibt man keine konkreten Auflagenbescheide, an welchen sich die Polizei orientieren und diese durchsetzen kรถnnte, dann vertraut man auf die Ordner bei Legida und im Finale stellt man fest, dass man schlieรŸlich der Polizei keine Weisungen erteilen kann. Welche daraufhin die Blendstrahler vor Ort auch nicht unterbindet, wรคhrend der Legida-Ordner feixt. Bei alledem schaute bislang das Ordnungsamt bei der โ€žregelhaften รœberwachungโ€œ zu und hatte dennoch keine Kenntnis, was so vor Ort an MaรŸnahmen zur Durchsetzung der MaรŸnahmen stattfand.

Da ist es dann auch schon fast egal, dass sich das Ordnungsamt in einer reichlich seltsamen Erlรคuterung ergeht, dass der โ€œVeranstalter niemanden blenden darfโ€ (siehe Screenshot), aber die Presse irgendwie seit dem 5. November 2015 dieser โ€œniemandโ€ war. Eleganter wรคre die Ausrede fรผr das eigene Nichtstun wohl gewesen, dass strenggenommen Markus Johnke der Veranstalter ist und selbst nie geblendet hat.

Festzuhalten ist wohl eine knappe Woche vor dem nรคchsten Legida-Aufzug, dass man nunmehr wohl den neuesten Legida-Auflagenbescheid abwarten sollte. Und genau beobachten, was darin erfasst und was weggelassen wurde. Denn noch scheint das Ordnungsamt ganz fest zu glauben, dass es sich bei den รœbergriffen auf Journalisten um bedauerliche Einzelfรคlle auf einer ansonsten โ€œgenehmigtenโ€ friedlichen Versammlung handelt. Der Rest wird sich dann am 7. Mรคrz 2016 vor Ort erweisen mรผssen, wenn es wieder im feinsten Nazisprech heiรŸt โ€žLรผgenpresse, Lรผgenpresseโ€œ (โ€œauf die Fresseโ€).

Apropos vor Ort: Am Donnerstag, den 3. Mรคrz 2016, hat die Leipziger Polizeidirektion Journalisten zu einer weiteren Besprechung rings um das Thema โ€žLegida gegen die Medienโ€œ eingeladen. Die L-IZ.de wird dabei sein. Schon jetzt sind alle schwer gespannt, ob es diesmal mehr als warme Worte gibt.

Zur Erinnerung โ€“ der friedliche Legidateilnehmer vom 1. Februar 2016, am Ende der energisch einschreitende Ordner

 

AnschlieรŸend verhindern Polizei und Ordnungsamt mit vereinten Krรคften einen Angriff auf einen L-IZ โ€“ Journalisten

 

Ein Bรถller explodiert am 1. Februar nicht in der Nรคhe eines Polizeibeamten, sondern โ€œnahe der Legida-Demoโ€, weshalb diese auch den Werfer anzeigen (Erlรคuterung laut Ordnungsamt)

 

Ein Polizeibeamter unterstรผtzt die Berichterstattung am 1. Februar 2016 in Leipzig

 

Die gesamten Fragen der L-IZ.de ans Ordnungsamt Leipzig, gestellt am 17. Februar 2016, beantwortet am 01. Mรคrz 2016 โ€“ Bearbeitungszeit im Ordnungsamt demnach 13 Tage.

1. Am 5. November 2015 verkรผndete die Stadt Leipzig auf dem eigenen Twitteraccount, verstรคrkt auf das Mitbringen von โ€œBlendlichternโ€ auf Legida-Demonstrationen zu achten (Screenshot anbei). Hat dieses Vorhaben Eingang in die Versammlungsauflagen des Ordnungsamtes gefunden?
Die betreffende Antwort auf Twitter bezog sich offensichtlich allein auf den Lichtmast, der nach den Erklรคrungen der Organisatoren des Legida e.V. bei den Versammlungen betrieben wurde, um den Raum zwischen den Versammlungsorten auszuleuchten. Um Beeintrรคchtigungen zu vermeiden, wurde als Beschrรคnkung in Bescheide aufgenommen, dass die Ausrichtung so zu erfolgen hat, dass eine Blendung der Gegenversammlung unterbleibt.

2. Wurde das Mitfรผhren von diesen Leuchten wรคhrend der Demonstrationen von Legida beauflagt/untersagt?
Ein Verbot der Benutzung von Handleuchten ist nicht als Beschrรคnkung in Bescheiden formuliert.

3. Wenn nein, warum nicht?
Die fraglichen Leuchten wurden bisher gelegentlich von einzelnen Personen benutzt. In diesen Fรคllen ist zunรคchst ein Eingreifen durch Ordner angezeigt und im Regelfall ausreichend.

4. Im Zuge der Berichterstattungen nach Beobachtungen vor Ort fรผhren Legida-Teilnehmer Angelruten aus Fiberglas mit sich. Ist dies laut Beauflagungen der Stadt Leipzig statthaft?
In Beschrรคnkungsbescheiden werden รผblicherweise eine Reihe von gefรคhrlichen Gegenstรคnden benannt, die bei der Versammlung nicht mitgefรผhrt werden dรผrfen. Angelruten sind nicht ausdrรผcklich benannt. Jedoch ist die zulรคssige Beschaffenheit von Transparent-, Fahnen- und Plakatstangen beschrieben. Angelrouten entsprechen dieser nicht.

5. Am 1. Februar 2016 wurde ein Bรถller aus dem Demonstrationszug Legidas Richtung umstehende Personen geworfen. Ist das Mitfรผhren von Pyrotechnik laut Beauflagungen der Stadt Leipzig gestattet?
Das Verbot des Mitfรผhrens pyrotechnischer Erzeugnisse wie auch von Laserpointern findet in aller Regel Eingang in Beschrรคnkungsbescheide, so auch am 01.02.2016  โ€“ nicht nur bei der Legida-Versammlung. In Hinblick auf die Verwendung von Pyrotechnik belรคsst es die Behรถrde bei einem ausdrรผcklichen Hinweis auf das bereits bestehende gesetzliche Verbot der Verwendung von pyrotechnischen Erzeugnissen der Kategorie 2 im Zeitraum vom 2. Januar bis 30. Dezember eines jeden Jahres gemรครŸ ยง 23 der ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV), wonach die in Rede stehenden Erzeugnisse im genannten Zeitraum nur durch Inhaber einer nach dem Sprengstoffgesetz (SprengG) erteilten besonderen Erlaubnis verwendet (abgebrannt) werden dรผrfen.

VerstรถรŸe kรถnnen gemรครŸ ยง 46 Nr. 8b  der 1. SprengV i. V. m. ยง 41 Abs.1 Nr. 16 SprengG als Ordnungswidrigkeiten verfolgt werden. Bei der Legida-Versammlung am 01.02.2016 wurde der โ€œBรถllerwerferโ€ von Ordnern des Veranstalters der Polizei zur Identitรคtsfeststellung รผbergeben. Der Feuerwerkskรถrper war in der Nรคhe der Teilnehmer des Aufzuges von Legida selbst explodiert.

6. Wenn es nicht gestattet ist, wie ist das Geschehen am 1. Februar 2016 zukรผnftig wirksam zu unterbinden?
Grundsรคtzlich besteht Einvernehmen mit allen Veranstaltern von Versammlungen, dass das Zรผnden von Pyrotechnik zu unterbleiben hat. Allgemein hรคngt die Feststellung der jeweils  Verantwortlichen von den Umstรคnden des Einzelfalles ab. Nach Feststellung der Personen, die pyrotechnische Erzeugnisse einsetzen, ist gegen diese jedenfalls ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten. Wรผrden Versammlungsleiter den Einsatz unterstรผtzen oder nicht gegen diese Personen vorgehen, wรคre zu prรผfen, ob die Versammlungsleitung gegen ihre versammlungsrechtlichen Pflichten verstoรŸen hat. Dies war jedoch in den Versammlungen  (โ€œbeider Seitenโ€) regelmรครŸig nicht der Fall.

7. Finden nach Kenntnis des Ordnungsamtes vor Beginn einer Legida-Demonstration Taschenkontrollen und Kontrollen von Personen auf nicht gestattete Gegenstรคnde statt?
Belastbare Auskรผnfte kann das Ordnungsamt hierzu mangels eigener Kenntnis nicht erteilen. Die Versammlungsbehรถrde ist zur Vornahme der genannten Handlungen weder selbst ermรคchtigt, noch hat sie Weisungsbefugnis gegenรผber den Polizeivollzugsbehรถrden. Allerdings dรผrften regelhafte flรคchendeckende Personen- und Taschenkontrollen ohne besonderen konkreten Anlass einen erheblichen Eingriff in Rechte Dritter bedeuten, der gegenรผber den Teilnehmern an einer nichtverbotenen รถffentlichen Versammlung ohne konkreten Hinweis auf Gefahren fรผr die รถffentliche Sicherheit und Ordnung kaum gerechtfertigt scheint.

8. Wenn ja, in welchem Umfang finden diese statt (Stichproben, Kontrolle aller Teilnehmer, gar keine Kontrollen vor Beginn)?
Die mit Bescheid erteilten Auflagen werden regelhaft auf Einhaltung รผberwacht.

So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:

Michael Freitag รผber einen freien Fรถrderbetrag senden.
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Es gibt 7 Kommentare

โ€œAnalfixiertโ€ ist keine Fรคkalsprache, sondern ein Fachwort aus der Psychologie. Kann man guhgeln.

Janine braucht รผberhaupt nicht um Entschuldigung zu bitten. Ich glaube, sie auch richtig verstanden zu haben.

Und Monika mรถchte es bitte unterlassen, Kommentare einer Zensur unterwerfen zu wollen. Eh schon ulkig, dass sie genau wissen will, dass โ€œanalfixiertโ€ zur Pornosprache gehรถre.

โ€œFickrigโ€ und โ€œonomatopoetischโ€ klingen ziemlich unanstรคndig, sind aber auch keine Pornosprache. Gibt bestimmt noch mehr so Wรถrterโ€ฆ

Janine, was ist das fรผr eine Fรคkalsprache, kรถnnten Sie sich bitte gewรคhlter ausdrรผcken. Dies hier ist kein Pornoblatt, danke.

Ja, vor den von Stefan erwรคhnten Gruppen โ€“ und so einigen anderen Gutmenschen -zittern die Mรคchtigen hierzulande. Nicht jedoch vor LegidaPegidaAFD. Schรถn devot und analfixiert wie jene sind, halten sie fein Hรคndchen mit Polizisten und kriegen deshalb ne Sonderbehandlung. Widerlichโ€ฆ

Also wenn ich das Theater vor 2 Jahren wegen einer klitzekleinen Demo vorm Jobcenter denke, dann fรคllt mir schon auf, dass hier wohl mit zweierlei MaรŸ gemessen wird. Oder hatte man einfach nur Angst vor den paar aktiven Arbeitslosen, dass die es schaffen wรผrden die vielen scheintot drangsalierten aufzuwecken?

Das Leipziger Ordnungsamt bleibt in meinen Augen eine dubiose Vereinigung von Amtspersonen, die ihren Ermessensspielraum fรผr eine parallel gefรผhrte Klientelepolitik ausnutzen. Zu dieser Klientele gehรถren weder Journalisten noch Radfahrer noch bunthaarige Menschen noch kleine Veranstalter von Events, um nur einige wesentliche Gruppen zu benennen. Ob nun Legidisten zu dieser Klientele gehรถren, will ich noch nicht fest behaupten, aber bevorzugt in Ruhe gelassen werden sie schon.

Also irgendwie finde ich das seltsam. Die Auflagenbescheide der Gegendemos sahen sicher anders aus? Und vor allem wurden die Gegendemos ja scharf kontrolliert und bewacht. Nicht beschรผtzt, nee nee, so viel kann man dann doch nicht erwarten. Einen kann man ja nur beschรผtzen. Und wenn die Journalisten nun auch noch zwischen den Lagern immer hin und her laufen, ja so ein Polizist kann auch nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Und das Ordnungsamt schon gar nicht. Erstmal haben die da eh Feierabend und dann sind sie ja auch immer unterbesetzt.

Kann man, wenn die Bescheide da sind, diese mal vergleichen? Wรผrde mich ja echt interessieren.

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