Wer bei der eigentlich ausschlieรŸlich im Ordnungsamt Leipzig einsehbaren Begrรผndung des Versammlungsverbotes durch die Stadt Leipzig fรผr den 31. Dezember 2015, 23 Uhr bis zum 1. Januar 2016, 6 Uhr am Connewitzer Kreuz eine reichhaltige Sammlung von Hinweisen, Indizien und offenen Gewaltaufrufen erwartet hatte, findet eher eine kontinuierliche Beschreibung linksextremer รœbergriffe im Jahr 2015. Eine der Hauptquellen ist dabei ein Beitrag auf dem Portal Indymedia vom 2. Dezember 2015. Da hier, wo im Vorfeld des 12. Dezember mobilisiert wurde, auch Silvester erwรคhnt wird, gehen die Behรถrden im Kern von einer erhรถhten Gefรคhrdung aus. Mittlerweile kursiert das stรคdtische Papier, wenn auch unvollstรคndig, im Netz.

Wie bereits am gestrigen 30. Dezember vermutet, besteht die Begrรผndung des Versammlungsverbotes maรŸgeblich aus Rรผckschlรผssen aufgrund der Randale vom 12. Dezember 2015 in der Leipziger Sรผdvorstadt und einer Gesamteinschรคtzung des Jahres 2015. Hauptquelle die Seite Indymedia und ein Beitrag vom 2. Dezember 2015. Unter der รœberschrift โ€žRandalemeister 2015โ€œ wurde darin neben Flyern, Plakaten und Aufklebern anlรคsslich der โ€žTitelvergabeโ€œ an Leipzig fรผr eine โ€žgemeinsame Party aller autonomen Gruppenโ€œ in Connewitz geworben. Dabei wurde der 12. Dezember als โ€žWeihnachtsfeierโ€œ vorgeschlagen, aber auch Silvester 2015 in Connewitz sowie die โ€žGeburtstagsparty von Legida im Januar 2016โ€œ.

Bei der Silvestereinladung haben die Behรถrden die anonymen Verfasser namens โ€žKomitee der 1.Liga fรผr Autonomeโ€œ nunmehr also ernst genommen und ein allgemeines Versammlungsverbot am Connewitzer Kreuz erlassen. Was dies fรผr die Durchfรผhrbarkeit der Legida-Demonstration am 04. Januar 2016 in Leipzig bedeutet, ist noch unklar. Dieser Logik folgend, kรถnnte sich die Stadt Leipzig jedoch auch dafรผr ein รคhnliches Papier zurechtlegen, wie es nun fรผr den 31.12. vorliegt. Allerdings gรคbe es dann, nicht wie aktuell, einen Veranstalter namens Legida, welcher sich mit Klagen gegen die Verfรผgung wehren kรถnnte.

Eine Demo sammelt sich nach Mitternacht am Connewitzer Kreuz - spontan Transparente dabei. Foto: L-IZ.de
Eine Demo sammelte sich auch am 1. Januar 2015 nach Mitternacht am Connewitzer Kreuz โ€“ spontane Transparente hatte man dabei. Foto: L-IZ.de

Denn, so heiรŸt es unter Anderem in den Begrรผndungen der Stadt, mit der vorliegenden Art der Mobilisierung von linksauรŸen lรคge eine โ€žbรถswillige Nichtanmeldungโ€œ vor. Ein Passus, welcher also nach Lesart der Stadt einerseits den Aufruf zur Demonstration am 31. Dezember und gleichzeitig den Ausschluss einer spontan entstehenden Veranstaltung beinhaltet. Eine vorherige Absprache zu Auflagen sei mit dem Veranstalter nicht mรถglich, das Gefahrenpotential fรผr die รถffentliche Ordnung und Unbeteiligte demnach vorab nicht einschรคtzbar. Durch die Einladung vom 2. Dezember zum Kreuz sei jedoch die โ€žbรถswillige Nichtanmeldungโ€œ einer Demonstration begrรผndet. Dieser selbst wollte man mit der Verfรผgung zuvorkommen.

Neben einer weiteren Netzquelle bei Facebook, in welcher sich rechtsextreme Positionen finden, ist auch eine Lageeinschรคtzung des Landesamtes fรผr Verfassungsschutz (LfV) Sachsen enthalten, welche in den wiedergegebenen Auszรผgen jedoch anfangs eher beschwichtigend daherkommt. So lรคgen โ€žErkenntnisse รผber konkrete Mobilisierungen und Anreiseabsichten aus anderen Bundeslรคndern dem LfV gegenwรคrtig nicht vor.โ€œ Allerdings, so geben die Verfassungsschรผtzer zu bedenken, sei eine ausdrรผckliche Mobilisierung aus ihrer Sicht auch nicht nรถtig: โ€žIn der Silvesternacht gehรถren die Treffen am Connewitzer Kreuz und gewalttรคtige Aktionen zum Standardrepertoire der autonomen Szene.โ€œ

"falls der 12. Dezember zu kurzfristig ist" - eine Silvester-Einladung vom 2. Dezember 2015 auf Indymedia. Screenshot von linksunten.indymedia.org
Falls der 12. Dezember zu kurzfristig sein sollte โ€ฆ Eine Silvester-Einladung vom 2. Dezember 2015 auf Indymedia. Screenshot von linksunten.indymedia.org

Darรผber hinaus weise die Leipziger Szene seit dem Gewaltaufruf am 17. Dezember 2014 โ€žeine stรคndige Prรคsenz gewalttรคtiger Aktionenโ€œ auf. Mit dem Anschlag am 24. November 2015 auf Sachsens Justizminister Sebastian Gemkows Wohnung habe die Gewalt zudem eine neue Dimension erreicht. Aufgrund der โ€žbundesweiten Reputationโ€œ der autonomen Szene Leipzigs sei mit รผberregionaler Beteiligung zu Silvester zu rechnen, wobei die Verfassungsschรผtzer den Polizeiposten in der WiedebachstraรŸe im Fokus der Autonomen sehen.

Konkret ist dies bis auf die Erwรคhnung der Silvesternacht bei Indymedia zwar alles nicht, doch als weitere Argumente fรผhrt die Stadt linksextreme ร„uรŸerungen im Netz nach dem 12. Dezember 2015 ins Feld. Hierin hatten sich Teilnehmer der Krawalle geradezu euphorisch รผber ihren โ€žSiegโ€œ gefreut und eine Kernaussage von Leipzigs OBM Burkhard Jung aufgenommen. โ€žJa, wir sind Kriminelle, wir sind Chaoten, wir sind Vandalen, wir sind Staatsfeinde und wir werden euch dies spรผren lassen.โ€œ

Da von der Verfรผgung derzeit kein konkreter Anmelder einer Demonstration betroffen ist, bleibt eine Klage dagegen wohl eher aus. Die Kurzfristigkeit der Verfรผgung macht dies zudem fast unmรถglich und das ausschlieรŸliche Hinterlegen der Begrรผndungen im Ordnungsamt der Stadt hatte es zudem am gestrigen Tage erschwert, die genauen Umstรคnde der Verfรผgung bekannt zu machen. Verรถffentlich hatte die Stadt Leipzig lediglich die Verfรผgung selbst via Bekanntmachung in der LVZ vom 30. Dezember 2015 und in einer Pressemitteilung am Nachmittag des gleichen Tages. Das Ordnungsamt hatte wรคhrenddessen Ruhetag und war offiziell geschlossen.

Dass sich die Connewitzer dennoch zum gemeinsamen Feiern des neuen Jahres auf dem Kreuz und den umliegenden StraรŸen treffen kรถnnen, betonte Polizeisprecher Andreas Loepki gegenรผber MDR Info ausdrรผcklich. Das gemeinsame Feiern auf der StraรŸe sei keine Versammlung im Sinne des Versammlungsrechtes. Wie die Einsatzbeamten vor Ort mit diesen Angaben verfahren, wird sich in der heutigen Silvesternacht zeigen. Welche Wirkung die breit angelegten MaรŸnahmen zeitigen auch.

Information: Das Versammlungsverbot gilt laut Angaben der Stadt in der Zeit vom 31. Dezember, 23 Uhr bis 1. Januar, 6 Uhr fรผr das gesamte Gebiet โ€žzwischen Richard-Lehmann-StraรŸe, Arthur-Hoffmann-StraรŸe, Zwenkauer StraรŸe, Meusdorfer StraรŸe, Wolfgang-Heinze-StraรŸe, BrandstraรŸe sowie WindscheidstraรŸe einschlieรŸlich des mit diesen StraรŸennamen bezeichneten Verkehrsraums (Fahrbahnen und Gehwege).โ€

Hinweis der Redaktion: In der ersten Version des Beitrages war der erste Termin fรผr die Legida-Demonstration im Jahre 2016 mit dem 11. Januar angegeben. Dieser ist bereits am 4. Januar 2016.

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Es gibt 2 Kommentare

โ€œMein gesunder Menschenverstand โ€ฆโ€
Danke, das war gut โ€“ ein wรผrdiger Jahresabschluss ๐Ÿ˜‰

โ€œWie bereits am gestrigen 30. Dezember vermutet, besteht die Begrรผndung des Versammlungsverbotes maรŸgeblich aus Rรผckschlรผssen aufgrund der Randale vom 12. Dezember 2015 in der Leipziger Sรผdvorstadt und einer Gesamteinschรคtzung des Jahres 2015.โ€

Vermutung hin. Vermutung her. Die entscheidende Frage ist, ob das Versammlungsverbot rechtswidrig ist. Alle anderen Diskussionen bringen nichts. Kein Anmelder, keine Einlegung von Rechtsmitteln mรถglich. Punkt. Ende.

Ich bin kein Jurist. Mein gesunder Menschenverstand (unter Einbeziehung des Sรคchsischen Versammlungsgesetzes) signalisiert mir, dass das Verbot rechtskonform ist. Sollte man das nicht, auch bzw. besonders unter Berรผcksichtigung der Vorfรคlle vom 12. Dezember, so akzeptieren? Das Versammlungsverbot ist doch im Interesse der Bรผrgerinnen und Bรผrger Leipzigs? Oder sehe ich das falsch, Herr Freitag? Wie geschrieben, ich bin kein Jurist, aber versuche neutral und positiv zu denken.

Das ausgesprochene Versammlungsverbot hat bzw. kann erhebliche Auswirkungen fรผr diejenigen haben, die dieses Verbot missachten. Das reicht bis zu Freiheitsstrafen! Wer dieses Risiko eingeht, hat kein Mitleid verdient.

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