Mehrere hundert Menschen demonstrierten am Mittwochvormittag fรผr und gegen die Alternative fรผr Deutschland. Wรคhrend Frauke Petry und andere AfD-Politiker die Meinungsdiktatur in Deutschland beklagten, fanden sich wenige Meter entfernt 57 Protestierende in einem Polizeikessel wieder, nachdem sie zuvor friedlich demonstrierten und ihren Platz nicht rรคumen wollten.
Uwe Wurlitzer ist ein vielbeschรคftigter Mann. Als schulpolitischer Sprecher seiner Fraktion sitzt er fรผr die AfD im sรคchsischen Landtag und ist zugleich Generalsekretรคr des Landesverbandes sowie Vorstandsmitglied im Leipziger Kreisverband. Auf Demonstrationen fungiert er zudem als Ordnungskraft. Immer wieder schnappte er sich wรคhrend der heutigen Kundgebung auf dem Simsonplatz eigene Anhรคnger, die sich allzu ausgiebig mit den Gegendemonstranten beschรคftigten, und schickte sie zurรผck in die Ansammlung. Es passte ins Bild der AfD-Demos in anderen Stรคdten, wo beispielsweise Ordner die Teilnehmer davon abhielten, mit Journalisten zu reden, wรคhrend gleichzeitig Redner Zensur und Meinungsdiktat beklagten. Auf ihren Kundgebungen soll sich die AfD offenbar seriรถs prรคsentieren.
Leider ist Wurlitzer ein besonders geschmackloses Plakat im Publikum entgangen. Darauf war zu lesen: โBleichertstraรe wird Klein-Parisโ. Eine Anspielung auf die aktuellen Terrorereignisse in Frankreich, die in einen Zusammenhang mit der geplanten Moschee in Gohlis gesetzt wurden. รbersetzt sagte dieses Plakat nichts anderes als: โKommt die Moschee, dann kommen auch die Terroristen.โ

Doch auch jene, die auf der Bรผhne zu den etwa 250 Zuhรถrern sprachen, packten die eine oder andere Geschmacklosigkeit aus. So echauffierte sich etwa der ehemalige AfD-Bundesvorsitzende Konrad Adam รผber die Plรคne einiger Leipziger, den Richard-Wagner-Platz in Refugees-Welcome-Platz umzubenennen und verglich dieses Vorhaben โ natรผrlich โ mit einem Vorgang wรคhrend der nationalsozialistischen Herrschaft, als diese das Mendelssohn-Denkmal am gleiche Ort entfernten.
Wie immer unter Populisten vergaร er zu erwรคhnen, dass es sich bei diesem Vorschlag eher um einen kleinen Bereich an der Hainspitze handelt. Und dass die Leipziger Grรผnen hier einen wissentlich nicht mehrheitsfรคhigen Vorschlag einer vollstรคndigen Umbenennung des Wagner-Platzes vor allem deshalb aufgriffen, um das nach wie vor zu Legida schweigende โbรผrgerlicheโ Leipziger Publikum zu provozieren. Welches prompt reagierte und nun Unterschriften gegen eine Umbennenung sammelt, die zumindest auf dem groรen Platz nicht stattfinden wird.
Doppelt schief wurde das Bild Adams, da er damit auch den damaligen Leipziger Oberbรผrgermeister Carl Friedrich Goerdeler fรผr sich vereinnahmte. Nach ihm ist jene Straรe am Ring benannt, die Legida jeden Montag fรผr den Spaziergang nutzt, weil er im November 1936 von seinem Leipziger Oberbรผrgermeister-Amt zurรผcktrat, nachdem gegen seinen Widerstand das Mendelssohn-Denkmal entfernt worden war.
โDie Barbaren sind lรคngst unter unsโ, machte Adam die rechts-links Pirouette perfekt. โSie tragen heute rot, grรผn und schwarz statt braun.โ Die neuen Braunen wirds gefreut haben, auch so geht also Geschichtsklitterung.
Zuvor sprachen bereits die Parteivorsitzende Frauke Petry, die die Parole โLinksextremismus raus aus den Kรถpfenโ anstimmte, und der Leipziger Kreisvorsitzende Siegbert Droese. Er beschwerte sich รผber die โUmerziehung durch die geisteskranken 68erโ, das mangelnde Nationalbewusstsein in Deutschland und den hohen Anteil bereits hier lebender Migranten. Der nun durch Zuzug durch Geflรผchtete noch weiter erhรถht werde. Beliebtes Thema bei allen Rednern waren auch die angeblich einseitig berichtenden Medien sowie eine Regierung, die ihre Bรผrger nicht ernst nรคhme.
Deshalb nun natรผrlich zur zweiten Seite des Buร- und Bettages in Leipzig
Am Rande demonstrierten mehrere hundert Menschen gegen die AfD-Kundgebung. Mehr als 100 von ihnen versammelten sich schon vor Beginn der AfD-Demo auf der Harkortstraรe an den Absperrungen der Polizei. Friedlich und bestimmt brachten sie ihre Meinung auf die Straรe. Auf Anweisung der Polizei bewegten sich die Gegendemonstranten auf den Bรผrgersteig vor dem Landgericht und setzten ihren Gegenprotest dort fort. Bereits hier zรผckten Beamte ihre Kameras und dokumentierten die Personen.
Der Einsatzleitung missfiel die unangemeldete Ansammlung. Sie forderte einen Versammlungsleiter ein, der sich schnell fand. Nicht alle Gegendemonstranten konnten davon รผberzeugt werden, sich zu der neu angemeldeten Kundgebung auf der Beethovenstraรe zu bewegen, hier mochte man das Geordnete und die Filmerei nicht. Seltsam auch, dass die polizeilichen Kameras bei der AfD eher geringer ausfielen. Die Polizei sperrte einen Teil der Harkortstraรe fรผr ihren Einsatz bei der Gegendemonstration ab. Zuvor wurde รผber eine Polizeidurchsage mitgeteilt, dass die Gegendemonstranten sich und den Straรenverkehr gefรคhrden wรผrden.
Zwischen 75 und 100 Personen verblieben am Platz, die Polizei versuchte sie daraufhin zur Beethovenstraรe zu schieben. 57 Personen folgten den Anweisungen schlussendlich nicht und wurden von Beamten und Polizeiautos umschlossen. Allen wird vorgeworfen, sich an einer unerlaubten Ansammlung beteiligt zu haben. 13 wird Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zur Last gelegt, so die Einsatzleitung auf Nachfrage.
Fragwรผrdig erscheint das Einsatzgeschehen insoweit, dass am Mittwoch scheinbar nicht unwesentliche polizeiliche Ressourcen aufgewandt wurden, um eine Ansammlung zu unterbinden. Eine direkte Videodokumentation durch Beamte von gewaltbereiten und vermummten Teilnehmern bei Legida, wiederholte Weigerungen, Strafanzeigen aufzunehmen oder positive รuรerungen gegenรผber asylfeindlichen Reden hinterlassen zumindest bei den Gegendemonstranten zunehmend einen parteiischen Eindruck von einem Teil der Beamten.
Nach Ende der AfD-Demo wurde eine Gegendemonstrantin mit aufs Revier genommen. Sie soll das wegfahrende Auto von Wurlitzer bespuckt haben und konnte sich nicht ausweisen.
AfD und Gegenprotest vor Veranstaltungsbeginn:
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
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โNach Ende der AfD-Demo wurde eine Gegendemonstrantin mit aufs Revier genommen. Sie soll das wegfahrende Auto von Wurlitzer bespuckt haben und konnte sich nicht ausweisen.โ
Deshalb ist es wichtig, dass man immer seinen Ausweis dabei hat. Man weiร ja nie, wessen Auto einem noch so รผber den Weg fรคhrt.