Der 9. November ist kein Tag wie jeder andere. Wรคhrend Legida an den Mauerfall vor 26 Jahren erinnern mรถchte, steht fรผr die Gegendemonstranten das Gedenken an die Reichspogromnacht von 1938 im Mittelpunkt. Dabei muss das rassistische Bรผndnis heute auf einen Spaziergang verzichten.

+++ 21:33 Uhr: Kein leichter Abgang +++

Beim Abmarsch kommt es heute wieder zu vermehrten Protesten von Legida-Gegnern vom Wagnerplatz beginnend bis zum Hauptbahnhof. Teils wurden noch am Veranstaltungsgelรคnde Wagner-Platz die Zรคune weggezogen, um auf den Platz zu gelangen, am Hauptbahnhof wird der Abmarsch von Legida-Teilnehmern blockiert. Die Lage ist dennoch weitgehend entspannt, nach kleineren Rangeleien wird ein NoLegida-Teilnehmer festgenommen.

+++ Der Legida-Stream zum Nachschauen auch nach der Veranstaltung +++

+++ 21:08 Uhr: Es geht dem Ende entgegen +++

Nun noch die Hymne und dann ist Schluss fรผr heute. Die ersten Legida-Teilnehmer verlassen bereits den Platz. Markus Johnke regt sich noch ein bisschen auf, dass heute die Gegenproteste ziemlich nah dran waren und kรผndigt ein Nachspiel deshalb an. Zu den Zahlen sagt er lieber nichts. Das รœbergewicht lag heute eindeutig bei den Gegenprotesten, die Polizei wird heute die Legida-Teilnehmer geschlossen zum Bahnhof eskortieren. 21:11 Uhr erklรคrt Johnke die Versammlung fรผr beendet und bedankt sich turnusmรครŸig noch rasch bei der โ€œunterbesetzten Polizeiโ€.

+++ 20:39 Uhr: Angst vor der Migration +++

Gesundheitsrisiken, organisierte Kriminalitรคt, Kulturverfall. Fรผr die Legida-Sympatisantin โ€œPetra aus Pragโ€ ist es das, was die Migration mit ihrem geliebten Europa macht. In der Geschichte hรคtten schon โ€œunsere Kรถnige fรผr Werte gekรคmpftโ€? Es wird also royal, aber sonst sei man ganz demokratisch. Nun folgt die โ€œBeateโ€, die 1989 die โ€œDemo in Leipzigโ€ mitgemacht habe. Sie kommt aus Mรผnchen zu Besuch. Sie war bei jedem Montag dabei, fรผhrt โ€œBeateโ€ aus, auรŸer am 9. November 1989. Sie glaubt, dass es heute noch so sei, wie damals, dass Leute, die zu Legida gehen, โ€œihre Arbeit verlassenโ€ mรผssen. Offenbar meint sie Kรผndigungen. Fรผr Beate ist heute alles wie einst in der DDR, als man ihr das Abitur versagte, weil sie an den Montagsdemos teilnahm.

Beate aus Mรผnchen. Foto: L-IZ.de
Beate aus Mรผnchen behauptet heute, es wรผrden Menschen im Job bedroht, wรผrden sie zu Legida gehen. Foto: L-IZ.de

Deshalb an dieser Stelle mal ein kurzer Aufruf: Wer wegen seiner Beteiligung an einer Legida-Demonstration gekรผndigt wurde, mรถge sich bitte unter redaktion@l-iz.de melden. Wir gehen dem Fall dann nach und auf den Grund.

"Bis hier alles wieder sauber ist" - der letzte Redner bei Legida glaubt, das alle neuen Migranten Islamisten sind. Foto: L-IZ.de
โ€œBis hier alles wieder sauber istโ€ โ€“ der letzte Redner bei Legida glaubt offenbar ernsthaft, das alle neuen Migranten Islamisten sind. Foto: L-IZ.de

Markus Johnke bittet einen Bayreuther Migranten auf die Bรผhne, welcher Angst davor hat, dass der Islam uns alle abschlachten will. Deshalb sei er bei Pegida und AfD dabei. โ€œWir werden so lange laufen, bis die Regierung gestรผrzt ist.โ€, so der letzte Redner des heutigen Abends. Auch er wรคhnt sich also bereits im religiรถsen Kulturkampf, gegen die Flรผchtlinge, welche offenbar alle das Bรถse sind, wรคhrend nach seiner Meinung alle bereits hier lebende Auslรคnder nun auch aufwachen und an der Seite von Pegida und AfD stehen wรผrden.  Irgendwie fรคllt es ihm schwer, den Widerspruch zwischen den bereits hier lebenden Auslรคndern und den kommenden aufzulรถsen.

Aramรคer aus der Tรผrkei sei er, also ein โ€œOrient-Christโ€, erweckt durch Michael Stรผrzenberger im Internet. Er habe nun auch seine Arbeit aufgegeben, um sich diesem Kampf gegen den Islam zu widmen.

Michael Stรผrzenberger in Leipzig. Foto: L-IZ.de
Michael Stรผrzenberger in Leipzig. Foto: L-IZ.de

+++ 20:09 Uhr: Michael Stรผrzenberger mal wieder +++

โ€žAsylmissbraucherโ€œ โ€“ Flรผchtlinge und Asylbewerber gibt es fรผr ihn nicht, die da im Brรผhlpelz Unterkunft finden. Und dann kommt das alte Mรคrchen mit dem Weihnachtsmarkt โ€“ nun der in Leipzig. Dieser wรผrde ja dann auch bald verschwinden, um die Gefรผhle der Muslime nicht zu verletzten. Das ist jetzt ehrlich zu dumm, als dass man dazu noch etwas zu sagen hรคtte. Haben ja andere schon aufgeschrieben, worauf sich Stรผrzenberger bis heute beruft. Offenbar hat er ein altes Script dabei.

โ€žDanke Leipzigโ€œ fรผr die Montagsdemos in Leipzig von Michael Stรผrzenberger. Vielen Dank zurรผck, aber so etwas wie diese Ansprache haben sich damals kaum Leute vorstellen kรถnnen. Bei der Erwรคhnung eines leider damals 1923 nur verletzten und nicht gestorbenen Hitler nach einer Schussverletzung fรคllt der Jubel etwas verhalten aus. Dafรผr hat man hier offenbar keine Sprechchรถre.

Gegenprotest an der Hainspitze. Foto: L-IZ.de
Gegenprotest an der Hainspitze. Foto: L-IZ.de

Stรผrzenberger sieht sich heute auf einmal in der Tradition von Sophie Scholl, welche eine โ€œPatriotinโ€ gewesen sei. AnschlieรŸend werden auch der Ex-Bรผrgermeister Goerdeler und andere in die eigene Bewegung eingeordnet. Dabei ist es Stรผrzenberger wiederholt ein Anliegen, die Nazis zu โ€œLinkenโ€, also โ€œSozialistenโ€ und damit den Gegnern von Legida anzuhรคngen.

Dabei wรผrden โ€œdie Linkenโ€ die Muslime schรผtzen, die etwas gegen Juden hรคtten. Interessante Volte heute โ€“ es ist also laut Stรผrzenberger eine linke Eigenart, antisemitisch zu sein. Was in dieser seltsamen Geschichtsstunde fehlt, ist die Ermordung von Kommunisten und weiteren ausgemachten Gegnern der Nazis im โ€œDritten Reichโ€. Gab es bei Stรผrzenberger nicht, sonst wรผrde die Logik ja auch nicht aufgehen, dass Nazis links seien. AnschlieรŸend geht es stramm gegen โ€œdie Linkenโ€, die sich nach 1968 โ€œwie die Zeckenโ€ in der Politik festgesetzt hรคtten.

โ€œWer nicht islamfeindlich ist, hat nicht mehr alle Tassen im Schrankโ€. Zitat Stรผrzenberger am 9. November 2015 in Leipzig, der in Mรผnchen gerade gegen ein Islamzentrum kรคmpft und mittels eines Bรผrgerbegehrens versuchte zu verhindern. Jetzt ist der Mรผnchner in seinem angestammten Element gelandet โ€“ gegen den Islam vorzugehen und zu hetzen, hat Stรผrzenberger bekannt gemacht.

Und kรถnnte ihn nun bald in den Knast bringen.

Fรผr seine Beschreibung des Islams als โ€œtรถtungslegitimierende Religionโ€ bei einer Ansprache in Graz wird sich Stรผrzenberger in ร–sterreich vor Gericht verantworten mรผssen. Nun hat er Angst, dass er heute in Leipzig seine โ€œletzte Rede in Freiheitโ€ halten wรผrde, bis zu 2 Jahren Haft drohen ihm nach รถsterreichischem Gesetz wegen der Herabwรผrdigung von Religionen.

+++ 19:56 Uhr: Unfรคhig und schwach +++

Der Deutsch-Italiener โ€œLuigiโ€ spricht zum Volk. Es geht querbeet: Eurokrise, Flรผchtlinge, die โ€œรœberfremdung Europasโ€ und die Auseinandersetzungen mit Russland. Das Volk muss nun entscheiden, denn die Politiker seien โ€œunfรคhig und schwachโ€ โ€“ wie einst im alten Rom, so Luigi. Da hat offenkundig jemand in Geschichte nicht aufgepasst. Immer wenn Rom unter Druck geriet, gab es Zeiten von Teil-Diktaturen, Herrscher aus dem Militรคr und Zeiten weitgehend frei von Mitsprachen durch Senat oder Volk. Dann gehts frรถhlich weiter mit โ€œLรผgenpresseโ€, โ€œschรคbige Schreiberlingeโ€, die โ€œLeute als Nazis titulierenโ€.

Da ist es irgendwie schwierig etwas dazu zu schreiben. Vielleicht nur so viel: Wenn jemand spricht, wie einst die Nazis, gegen Flรผchtlinge hetzt, wie einst die Nazis gegen die Juden und so auftritt, wie ein Nazi โ€“ dann ist er vielleicht einfach einer? โ€œWiderstandโ€ gegen das โ€œRegime in Berlinโ€ โ€“ โ€œDas Volkโ€ ruft mit.

Am Ende geht noch ein Hauch von Mรผnchen 1923 รผber den Platz. โ€œAuf nach Berlinโ€ endet die Rede. Es folgt Michael Stรผrzenberger aus Mรผnchen. Es dรผrfte wieder stramm Muslimenfeindlich werden.

Redner Luigi mรถchte den Rรผcktritt von Angela Merkel. Foto: L-IZ.de
Redner Luigi mรถchte den Rรผcktritt von Angela Merkel. Foto: L-IZ.de

+++ 19:50 Uhr: Am Rande der Legida-Demo โ€“ Stephane Simone hat was gegen ein Plakat +++

Irgendwie ist der heute verspรคtet eingetroffenen Legida-Teilnehmer und bekannte Redner Simone schwer zu beruhigen. Er liefert sich mal wieder hitzige Debatten am Rande der Demo wegen eines Plakates bei den Gegendemonstranten. Darauf steht: โ€œFollow your leaderโ€œ.

Legida ist umringt von Gegendemonstranten. Foto: L-IZ.de
Legida ist umringt von Gegendemonstranten. Foto: L-IZ.de

+++ 19:39 Uhr: Merkel muss weg +++

Dirk Mรผller wird neuer Finanzminister. Also zumindest, wenn es um Markus Johnkes Willen geht. โ€œMerkel muss wegโ€- Rufe machen wieder den Anfang der Kundgebung. Johnke haut sofort auf die soziale Situation drauf. Recht hat der Mann โ€“ ein Skandal, wie in diesem Land die Geringverdiener oft genug zurรผckgelassen werden. Die Spreizung zwischen Reich und Arm in Deutschland ist bekannt und dringend anzugehen. Die Befรผrchtung, welche nicht nur bei Legida vorliegt: Mit den Asylbewerbern wird dies noch schlimmer werden.

Soweit zur einfachen Rechnung, nach welcher Markus Johnke heute bislang vorgeht.

Die Kriegsbeteiligungen des Westens noch dazu und immer wieder die Frage Johnkes, ob es das sei, wofรผr โ€œihr 89 auf die StraรŸe gegangenโ€ seid. Und kaum ist dieser Teil vorrรผber, geht es prompt um die Flรผchtlinge โ€“ und genau hier beginnt das Ausspielen von Gruppen gegeneinander. Johnke verliest Aussagen von OBM Jung zur Zukunft in Leipzig โ€“ mehr multikulturelle Vielfalt in Leipzig, ein anderes Stadtbild, neue Mitbรผrger โ€“ fรผr Johnke und Anhang โ€œVolksverratโ€. โ€œJung muss wegโ€ schallt es รผber den Platz. Und Johnke fragt wieder, ob โ€œdas Volkโ€ dafรผr 89 auf die StraรŸe gegangen sei.

Seltsam โ€“ 1989 waren viele wegen Freizรผgigkeiten wie Reisefreiheit und offene Grenzen auf der StraรŸe. Ob jemand von denen, die heute hier auf dem Wagnerplatz stehen, รผberhaupt dabei waren (und vor allem auch wann โ€“ als es โ€œnurโ€ noch um die D-Mark ging?). Die Erinnerungen jedenfalls an 89 sind hier irgendwie andere, als bei vielen, die damals wirklich dabei waren.

+++ 19:29 Uhr: Ein Rรผckblick in die letzten 50 Jahre deutsche Geschichte +++

Die deutsche Geschichte beginnt heute bei Legida im Jahr 1965? Jedenfall schaut man zurรผck bei Legida. Und schon wieder kommt Musik. โ€œGerman Historyโ€ oder so รคhnlich kรถnnte der Diskosound heiรŸen, unterbrochen werden die Beats von wahllos aneinandergereihten Zitaten von deutschen Politikern von Adenauer รผber Brandt und Honecker bis Ulbricht und Kohl. Man versucht sich heute irgendwie in die Tradition der Wende zu stellen, wie Johnke zu Beginn betont. Man vollbringe hier โ€œGroรŸesโ€, wie einst die โ€œOssis 1989โ€.

Markus Johnke startet mal wieder die Versammlung. Foto: L-IZ.de
Markus Johnke startet mal wieder die Versammlung. Foto: L-IZ.de

+++ 19:26 Uhr: Was fรผr ein Schwulst +++

Wer auch immer der Komponist der โ€œPegida-Hymneโ€ ist, sie wirkt eher wie eine Aneinanderreihung von Glockentรถnen und Schalala. Dafรผr fรคllt heute vielleicht mal das seltsame Lied der letzten Monate vom gespaltenen Volk und den โ€œfeigen Gestaltenโ€, die an allem Schuld seien, aus. Markus Johnke jedenfalls ruft mal wieder โ€œGuten Morgen Leipzigโ€. Es ist 19:28 Uhr.

+++ 19:07 Uhr: Ein bisschen Chaos +++

Der Polizei ist es nicht gelungen, die beiden Demonstrationen zu trennen. Offenkundig sind zu wenige Einsatzkรคfte vor Ort und versuchen heute offenbar โ€œTechnik statt Personenโ€ zu spielen. Ein Rรคumpanzer und zwei Wasserwerfer stehen noch am anderen Ende der Hรถfe am Halleschen Tor. Die Gegendemonstranten haben den Innenbereich des Rings am Goerdelerring gestรผrmt und stehen sich praktisch mit Legida Auge in Auge gegenรผber. Dazwischen nur noch wenige Einheiten der Polizei. Die vorrangig aus Studenten bestehende Gegendemo verhรคlt sich trotz der offensichtlichen Schwรคche der Polizei friedlich.

Legida schmeiรŸt um 19:14 Uhr den Livestream und die Musik an, wรคhrend die Polizei eilig Einsatzfahrzeuge zwischen Gegendemo und Legida platziert. Es erschallt sicher auch am heutigen 9. November 2015 das unsรคgliche Lied vom gespaltenen Volk usw..

+++ 19 Uhr: โ€œ26 Jahre Mauerfallโ€ โ€“ Der Livestream von Legida +++

Wie an jedem Montag lauschen wir mal, was Markus Johnke und seine Mitredner so zu verkรผnden haben. Heute natรผrlich besonders genau. Legida sammelt Unterschriften gegen die Umbenennung des โ€œRichard-Wagner-Platzesโ€ und dockt sich damit an die Aktion des Wagner-Verbundes an. Man sieht sich hier bei Legida Seite an Seite mit den Wagnerfreunden. Bislang spielt bei Legida nicht mal Musik โ€“ die Atmosphรคre hat heute eher etwas Gespenstisches.

Legida selbst meldet bereits via Facebook: โ€žWir beginnen spรคter. Der derzeitige Zugang von Seiten Naturkunde Museum ist frei.โ€œ Offenbar zeigen die massiven Blockierungen vonseiten der Gegendemonstranten heute ziemlich Wirkung. (Der Livestream findet sich nun, ab 19:19 Uhr wieder oben)

+++ 18:49 Uhr: Rangeleien an den Hรถfen am Brรผhl +++

Die Gegendemonstranten versuchen derzeit weiterhin, das Durchkommen von Legida-Sympatisanten auf dem Leipziger Innenstadtring und rings um den Richard-Wagner-Platz zu verhindern. Der Ring ist auf Hรถhe der Hรถfe am Brรผhl bereits komplett dicht mit Gegendemonstranten, Polizei und Absperrungen โ€“ alle Bahnen stehen und warten auf die Weiterfahrt. Die Polizei hat zwei Wasserwerfer auffahren lassen. Anlass fรผr die Rangeleien am Halleschen Tor soll ein Aufeinandertreffen zwischen Legida-Teilnehmern und Gegendemonstranten gewesen sein.

Das Funknetz fรผr Telefone in der Innenstadt ist bereits รผberlastet, freie Leitungen zu bekommen wird immer schwieriger, offenbar aufgrund der schieren Menge von Mobiltelefonen vor Ort. An der Hainspitze versuchen ebenfalls Legida-Teilnehmer zum Wagnerplatz zu kommen, wรคhrend Gegendemonstranten den Weg zu versperren versuchen.

Gegendemonstranten von Legida lรคuft nicht blockieren auch die FuรŸwege Richtung Wagnerplatz. Foto: L-IZ.de
Gegendemonstranten von Legida lรคuft nicht blockieren auch die FuรŸwege Richtung Wagnerplatz. Foto: L-IZ.de

+++ 18:43 Uhr: Auch in Dresden brennt ein Licht +++

Wie die Initiative โ€œDurchgezรคhltโ€ soeben mitteilt, haben sich in Dresden bei der โ€œHerz statt Hetzeโ€ โ€“ Demonstration zwischen 3.500 und 4.500 Menschen am Dresdner Hauptbahnhof eingefunden. Sie machen sich nun auf den Weg.

+++ 18:30 Uhr: Eine Blockade will nicht weichen +++

Der Zug der Gegendemonstration scheint sich spalten zu wollen. Die eine Hรคlfte lรคuft weiter, die andere sitzt. Hin und wieder kommen ein paar besorgte Bรผrger vorbei, offenbar auf dem Weg zum Wagnerplatz. Die erste Durchsage der Polizei ist soeben erfolgt, dass die Sitzenden sich entfernen sollen, da sonst die Rรคumung droht. Unterdessen ist die Kreuzung zwischen Richard Wagner StraรŸe und Hallisches Tor dicht. Die Blockierer wollen sich nicht entfernen.

Gegen 18:40 Uhr gibt es erste Rangeleien zwischen der Polizei und Gegendemonstranten, welche auf dem Ring Richtung Wagner-Platz unterwegs sind.

Kein Montag wie jeder andere - Legida lรคuft nicht Demo in der City von Leipzig. Foto: L-IZ.de
Kein Montag wie jeder andere โ€“ Legida lรคuft nicht Demo in der City von Leipzig. Foto: L-IZ.de

+++ 18:15 Uhr: Die Gegendemonstration ist da +++

Die Gegendemo rollt gerade รผber den Leipziger Ring, nachdem sie in der Innenstadt durch ist. Rund 1.000 Teilnehmer kann man derzeit wohl bei โ€žLegida-Lรคuft nichtโ€œ schรคtzen, welche gegen 17:30 Uhr an der Moritzbastei gestartet war. Einige Bรถller hat es auch bereits gegeben, weshalb nun die Polizei den gesamten Zug filmt. Die ersten haben sich kurz nach 18 Uhr mal โ€žzur Probeโ€œ? auf den Ring gesetzt. Blockadeaktionen werden wohl heute eher nicht geschehen, denn Legida hat nur eine Genehmigung fรผr eine stationรคre Kundgebung auf dem Wagner-Platz erhalten.

Zu erwarten steht jedoch, dass heute im Gegensatz zu den letzten Malen die Gegenproteste in Leipzig in der รœberzahl sein werden. Erstmals haben auch wieder die Studenten zu den Protesten gerufen und die Vielzahl der angemeldeten teils Gedenk-, teils Protestveranstaltungen dรผrfte am Ende deutlich mehr Leipziger in die Innenstadt ziehen, als noch in der vergangenen Woche.

Unterdessen hat Jรผrgen Kasek (Vorstand der Grรผnen Sachsen) eine Strafanzeige bekommen. Er hรคtte zu der Blockade aufgerufen, welche sich wenige Minuten auf dem Ring gebildet hat.

+++ 17:55 Uhr: Die ersten Eindrรผcke vor Ort +++

An Demonstrationen des rassistischen Legida-Bรผndnisses hat sich die Mehrheit der Leipziger Stadtgesellschaft mittlerweile gewรถhnt. Doch dieser 9. November sticht deutlich heraus. Heute vor 77 Jahren organisierte das nationalsozialistische Terrorregime massive ZerstรถrungsmaรŸnahmen gegen jรผdische Einrichtungen und jรผdisches Leben in Deutschland. Tausende Geschรคfte, Synagogen und Wohnungen wurden zerstรถrt, hunderte Juden umgebracht oder in den Tod getrieben. Seit dieser Nacht vom 9. zum 10. November 1938 wurden deutsche Juden nicht mehr nur diskriminiert, sondern systematisch verfolgt.

Schon vor Wochen starteten Leipziger deshalb eine Initiative mit dem Ziel, ein Verbot der heutigen Legida-Kundgebung zu erwirken. Zwar zeigen sich Redner und Teilnehmer nur selten offen antisemitisch โ€“ im Gegenteil: Man maรŸt sich gerne einen Vergleich mit den Juden im Dritten Reich an, weil man heute angeblich selbst vom System unterdrรผckt werde.

Doch dass bekannte Neonazis, die Israel und seinen Bรผrgern nur das Schlechteste wรผnschen, regelmรครŸig zu Gast sind, weist darauf hin, dass die zahlreichen geplanten Gedenkveranstaltungen unangenehmen Besuch zu befรผrchten haben. Tatsรคchlich untersagte das Ordnungsamt den Rechtsextremen einen Spaziergang, die nun mit einer stationรคren Kundgebung zufrieden sein mรผssen. Zu Details mรถchte man sich auf Anfrage nicht รคuรŸern; man verweist lediglich auf die โ€žvielen Veranstaltungen zum Tag der Pogromnachtโ€œ, die parallel stattfinden.

Die Inschrift an der Gedenkstรคtte GottschedstraรŸe. Foto: L-IZ.de
Die Inschrift an der Gedenkstรคtte GottschedstraรŸe. Foto: L-IZ.de

Das sรคchsische Versammlungsgesetz sieht Verbote oder Einschrรคnkungen von Versammlungen vor, wenn diese โ€žan einem Ort von historisch herausragender Bedeutungโ€œ stattfinden. Das seien unter anderem solche Orte, die an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft erinnern. Bereits im April, am Tag des Fรผhrergeburtstages, musste Legida mit Verweis auf diesen Paragraphen Einschrรคnkungen hinnehmen. Damals wollten die Nationalisten an einem Gedenkstein in der GottschedstraรŸe vorbeiziehen, der an die Novemberpogrome erinnert.

Die Kombination aus Tag, Ort und โ€žder Tatsache, dass regelmรครŸig Vertreter des rechten Spektrums an dem Aufzug von Legida teilgenommen habenโ€œ (O-Ton stรคdtischer Auflagenbescheid vom 17. April 2015), lieรŸ damals aus Sicht der Versammlungsbehรถrde eine Gefรคhrdung der รถffentlichen Ordnung erkennen. Legida musste auf einer alternativen Route marschieren.

Offenkundige NPD-Nรคhe bei Legida. NPD-Stadtrat Enrico Bรถhm regelmรครŸiger Teilnehmer und die "UnserLand"-Aktion lรคuft frรถhlich mit. Foto: L-IZ.de
Offenkundige NPD-Nรคhe bei Legida. NPD-Stadtrat Enrico Bรถhm, regelmรครŸiger Teilnehmer, und die โ€œUnserLandโ€-Aktion lรคuft frรถhlich mit. Foto: L-IZ.de

Die genauen Details der Kooperationsgesprรคche zur heutigen Kundgebung sind nicht bekannt. Die Vielzahl an Gegen- und Erinnerungsveranstaltungen sowie Gedenk- und Stolpersteinen legt jedoch die Vermutung nahe, dass es schlicht unmรถglich war, eine passende Ausweichroute zu finden. Legida selbst hat sich zu den Grรผnden bislang nicht geรคuรŸert.

Bereits im Februar musste man schon einmal mit einer stationรคren Kundgebung auf dem Augustusplatz Vorlieb nehmen โ€“ damals wegen โ€žpolizeilichen Notstandesโ€œ, da das Land Sachsen entgegen der Planungen der Polizei Leipzig nach gewaltsamen รœbergriffen rings um vorangegangene Legida-Demonstrationen zu wenige Einsatzbeamte stellte.

Zumindest die zentrale Forderung des studentischen โ€žLegida? Lรคuft nicht.โ€œ-Bรผndnisses ist damit am heutigen 9. November erfรผllt. Zudem organisiert die Gruppe heute einen um 17 Uhr beginnenden Aufzug von der Moritzbastei zum Naturkundemuseum, fรผr den mehr als 1.000 Teilnehmer erwartet werden.

Die genaue Routenfรผhrung sowie die zahlreichen anderen Gedank- und Protestveranstaltungen hier im รœberblick:

Aufzug unter dem Motto โ€œ9.11. Kein Montag wie jeder andere โ€“ Rechter Hetze widersetzen.โ€, 17 Uhr bis 21 Uhr. (Moritzbastei โ€“ Schillerstr โ€“ Neumarkt โ€“ Reichsstr โ€“ am Hallischen Tor โ€“ Willy-Brandt-platz โ€“ Gerberstr โ€“ Parthenstr โ€“ Pfaffendorfer Str โ€“ Naturkundemuseum) Gedenkaktion โ€žMahnwache und Stolpersteine putzenโ€œ, ab 16 Uhr, ca. 100 Teilnehmer. Kundgebung โ€žDem Rassismus den Platz nehmenโ€œ, 18 Uhr bis 22 Uhr, Hainspitze, ca. 200 Teilnehmer. Kundgebung โ€žIn Gedenken der Opfer totalitรคrer Regimeโ€œ, 18 Uhr bis 21 Uhr, Runde Ecke, ca. 100 Teilnehmer. Aufzug โ€žKerzenweg zu Gedenken an die Opfer des Novemberpogroms 1938โ€œ, 18 Uhr bis 18:30 Uhr, ca. 100 Teilnehmer. Mahnwache unter dem Motto โ€žGedenken an alle Opfer des Naziregimes โ€“ Gegen die Aufteilung der Weltโ€œ, 17:30 Uhr bis 19 Uhr, Hauptbahnhof, Museumsbahnsteig 24, ca. 30 Teilnehmer. Aufzug unter dem Motto โ€žMontagsdemo โ€“ Weg mit den Hartz-Gesetzen! Fรผr eine lebenswerte Zukunft weltweit!โ€œ, 18 Uhr bis 19:30 Uhr, ca. 30 Teilnehmer. Gedenkveranstaltung Reichspogromnacht GottschedstraรŸe, 18:30 Uhr bis 19 Uhr. Gottesdienst zum Gedenken an den 9. November 1938, Thomaskirche, ab 19 Uhr.

Eine zunรคchst fรผr den Willy-Brandt-Platz geplante Kundgebung wurde laut Aktionsnetzwerk โ€žLeipzig nimmt Platzโ€œ wieder abgemeldet.

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