Am Samstag tauchten auf dem linken Nachrichtenportal "Indymedia Linksunten" Fotos, Chat-Protokolle und Sprachnachrichten von führenden Mitgliedern der regionalen Neonazi-Szene auf. Die Daten stammen mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Mobiltelefon, das Unbekannte dem Szene-Kader Alexander K. Anfang März geraubt hatten. Die Polizei hält das Material für echt.
Der Schock sitzt offenbar zu tief. Alexander K. hat gegen die unbekannten Täter bislang keine Strafanzeige erstattet. Dies teilte die Polizei am heutigen Montagnachmittag mit. Auch die übrigen Rechtsextremisten, die von der Veröffentlichung betroffen sind, suchten noch keinen Kontakt zu den Ordnungshütern. “Es liegen der Polizeidirektion Leipzig bisher keine Strafanzeigen der betroffenen Personen vor”, teilte Pressesprecher Uwe Voigt mit. Dass die Unbekannten ergriffen werden, ist ohnehin fragwürdig. Den Betreibern von “Indymedia Linksunten” gelang es bisher, ihre Identität im Netz zu verschleiern.
Die Behörde hält das veröffentlichte Material für durchaus authentisch. “Das können wir gegenwärtig nicht zu 100 Prozent sagen. Nach jetzigem Stand gehen wir aber davon aus”, so Voigt. Die Chatverläufe und Tondateien liefern Einblicke in das Innenleben der lokalen Neonazi-Szene. Alexander K. bestritt für die NPD im Vorjahr zwei Wahlkämpfe, wurde jedoch im Herbst vom sächsischen Landesverband geschasst. Zur selben Zeit trat NPD-Landesvize Maik Scheffler von seinem Posten zurück.
Mittlerweile versucht Alexander K., den Landesverband der Splitterpartei “Die Rechte” zu reaktivieren. Wie aus den Mitschnitten hervorgeht, steht der Leipziger nach wie vor mit Scheffler in gutem Kontakt. Das Verhältnis zu seinem früheren Weggefährten Enrico Böhm, der den Leipziger NPD-Kreisverband leitet, erscheint dagegen zerrüttet. Die Daten legen außerdem eine enge Einbindung der Neonazis um K. in die Legida-Proteste nahe. Dass sich die Kameraden bei den Protesten auffällig im Hintergrund halten, sei strategischer Natur.
Über seine politischen Mitstreiter verliert Alexander K. erstaunlicherweise kein gutes Wort, vor allem mit Böhm wird wiederholt abgerechnet. So werden in den Audiofiles Vermutungen in Richtung Böhms laut, er habe wohl die „Beweise“, hier entsprechende Screenshots der Internetseite “Leipzig nimmt Platz”, für einen angeblichen Gewaltaufruf der Landtagsabgeordneten Juliane Nagel gefälscht und auf der Facebookseite der NPD Leipzig in Umlauf gebracht.
Alexander K. formuliert in diesem Zusammenhang heute sei wohl „der Tag der gefälschten Screenshots“ und betont, dass “Nagel nicht so einen Fehler machen würde”. Ein Mann, dessen Stimme und Diktion nach Maik Scheffler klingt sagt, er sei selbst auf der genannten Seite gewesen und habe davon nichts gelesen. Zudem sei Juliane Nagel kaum so dumm, einen Gewaltaufruf zu verfassen. Widerspruch zu diesem Verdacht scheint es dabei nicht gegeben zu haben. Offenbar trauen beide dem derzeitigen NPD-Stadtrat Enrico Böhm und angehenden Mediengestalter hierbei einiges zu. Parallel verweisen diese Inhalte darauf, dass Böhm Admin der Facebookseite des NPD Kreisverbandes Leipzig sein müsste.
Gegenüber L-IZ.de äußerte sich K. auf Anfrage bislang nicht zu dem Leak. Dessen Urheber haben auf “Indymedia Linksunten” mittlerweile die Veröffentlichung weiterer Daten in Aussicht gestellt.
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