Im Anschluss an die Legida-Demo am Montagabend kam es zu einem tätlichen Angriff auf einen Ordner. Legida veröffentlichte daraufhin einen Facebook-Post, in dem massive Vorwürfe gegen Grünen-Politiker Jürgen Kasek erhoben werden. Dieser will sich mit rechtlichen Mitteln wehren.

Am späten Montagabend kam es im Anschluss an die Legida-Demonstration offenbar zu einem tätlichen Angriff auf einen Ordner. Wie Legida am Dienstagvormittag auf seiner Facebook-Seite vermeldete, sei dieser vor seiner Haustür im Süden von Leipzig abgefangen und von Vermummten mit Eisenstangen und sogenannten Totschlägern attackiert worden. Weil sich die Schläge angeblich gezielt gegen den Kopf des Mannes richteten, spricht Legida von einem versuchten Mordanschlag.

Die Polizei bestätigte den Vorfall auf Anfrage. Sie geht von einem politisch motivierten Angriff aus. Im Laufe des Tages soll eine Pressemitteilung mit näheren Informationen folgen.

Die Folgen dieses Angriffs reichen jedoch über die Verletzungen des Legida-Ordners hinaus. So berichtet Jürgen Kasek, der Landesvorsitzende der Grünen, von zahlreichen Drohanrufen und -nachrichten, darunter auch Morddrohungen. Legida hatte zuvor auf seiner Facebook-Seite behauptet, Kasek hätte gestern Abend Fotos von einzelnen Teilnehmern angefertigt und diese „in die interne Welt“ getwittert. Zudem gäbe es mehrere Zeugen dafür, dass Kasek bereits vor einigen Wochen dem Geschädigten ins Gesicht gesagt hätte: „Ich schicke euch meine Antifas vorbei!“

„Diese Behauptungen sind falsch“, erklärt Kasek. Er sei zwar gestern Abend vor Ort gewesen, habe jedoch lediglich „am Handy gespielt“. Dafür wiederum gebe es mehrere Zeugen. Zum Nachweis würde Kasek sowohl sein Handy als auch seinen Twitter-Account auslesen lassen. „Ich habe bereits Anzeige wegen übler Nachrede, Verleumdung und falscher Verdächtigung erstattet. Außerdem werde ich am Landgericht eine einstweilige Verfügung beantragen mit dem Ziel, dass Legida diesen Facebook-Beitrag sofort löscht und nie wieder einstellt.“

Update 16:55 Uhr: Die Polizei zum Vorgang und weitere Bedrohungen

Wie die Polizei zum Fall heute berichtet, ereignete sich der Überfall auf den heimkehrenden Legida-Ordner am gestrigen Abend gegen 23:05 Uhr in Böhlen, im Ortsteil Großdeuben. Weiter heißt es seitens der Polizeidirektion Leipzig heute: „Anschließend fuhr er wieder mit seinem Fahrzeug in Richtung Böhlen. Nachdem er zu Hause eingetroffen war, stellte er dieses am Mehrfamilienhaus auf einem Parkplatz ab. Danach lief er in Richtung Hauseingangstür. Noch bevor er das Gebäude erreicht hatte, liefen plötzlich vier bis fünf Personen auf ihn zu. Er wurde sofort körperlich angegriffen und zu Boden gestoßen. Hier erhielt er weitere Schläge und Tritte. Mittels eines bisher unbekannten Gegenstandes wurde auch mehrmals gegen seinen Kopf geschlagen. Danach ließen sie von ihm ab und verschwanden im Dunkeln.“

Am 4. Juli 2016 war es während der Demonstrationen rings um Legida friedlich geblieben. Foto: L-IZ.de
Am 4. Juli 2016 war es während der Demonstrationen rings um Legida friedlich geblieben. Foto: L-IZ.de

Nachbarn, welche auf das Geschehen aufmerksam wurden, informierten Polizei und den Rettungsdienst, welcher den 37-jährigen Mann in ein nahe gelegenes Krankenhaus brachte. In dieser Zeit scheint das Opfer Zeit gehabt zu haben, ein Selfie von sich zu machen und an Legida zu senden – der Verein postete sein Bild heute „mit Genehmigung“ auf Facebook. „Er erlitt schwere Kopfverletzungen, einen Armbruch und Schnittverletzungen“, so die Beamten heute zu den Auswirkungen des Überfalls, ein politischer Hintergrund sei nicht ausgeschlossen.

Der Fall wurde deshalb dem Dezernat Staatsschutz übergeben, welches nun in der Sache ermittelt. Zu den Tätern heißt es: „Zur Personenbeschreibung wurde lediglich bekannt, dass alle dunkel bekleidet und vermummt waren“, die Tat selbst nennen die Beamten in ihrer Mitteilung „feige“.

Weitere Bedrohungen gegen Kasek

Unterdessen mehren sich seitens der Legida-Anhänger neben Mahnungen zur Gewaltlosigkeit ungelöschte Aufrufe bis hin zur Selbstjustiz auf der Legida-Facebookseite gegen Rechtsanwalt und Grünen-Politiker Jürgen Kasek. Auf der von Kasek bestrittenen Behauptung seitens Legida, er habe Fotos von Teilen der Legida-Crew gemacht und somit auch dem 37-Jährigen, formulieren sie nun Vorwürfe der Mitschuld gegen den Leipziger Rechtsanwalt am Überfall auf den Ordner.

Insbesondere die Formulierungen seitens Legida zum Foto des Ordners haben den „Shitstorm“ mit angeheizt: „Wir klagen u.a. einen Herrn Kasek persönlich an, welcher nicht nur gestern Portraitfotos mit Bemerkungen versandte sondern u.a. zu unserem Protest zum Couragetag am Markt in Leipzig am Banner ebenfalls Fotos schoß und unter mehrfachen Zeugen u.a. Ronny ins Gesicht sagte: „Ich schicke euch meine Antifa’s vorbei!“, so Legida in ihrer Stellungnahme zum Überfall. Laut Kasek, wie auch der Vorwurf, gestern Abend Fotos gefertigt und verbreitet zu haben, eine Reihe von falschen Tatsachenbehauptungen, gegen welche er aktuell juristisch vorgeht.

Für Jürgen Kasek selbst, welcher auch bei NoLegida federführend engagiert ist, wird die Lage mittlerweile durchaus bedrohlich. Kasek zu den Folgen der Anschuldigungen heute via Facebook: „ … seit heute kursiert auf der Seite von LEGIDA und Wir für Leipzig (ex NPD) eine Meldung, die mir unterstellt ich hätte zum Mord aufgerufen. Das ganze wird mit einer Reihe von falschen Tatsachenbehauptungen verpackt präsentiert. Erwartungsgemäß wurde der Beitrag bereits mehr als 1000mal geteilt. Die Anhänger rufen zu Gewalt auf, meine Adresse kursiert im Netz, es wird gefordert mir aufzulauern und schlimmeres.“

Er habe mittlerweile nicht nur eine Unterlassungsklage gegen Legida eingereicht, sondern auch die Polizei als auch das Landeskriminalamt informiert. Die Zahl der Teilungen des Legida-Beitrages hat sich unterdessen auf rund 2.000 erhöht, in den Kommentaren findet sich neben Genesungswünschen an den Ordner der gesamte Kanon von Vorwürfen gegenüber Polizei, Presse, Staatsanwaltschaften und Staat. Die einen würden in solchen Fällen nicht ermitteln, die Medien nicht berichten und die Staatsanwaltschaften wären links unterwandert.

Die Initiative „Leipzig nimmt Platz“ erklärte vor wenigen Minuten via Twitter: „Die Anschuldigungen sind einfach nur widerlich zu nennen. Kasek hat den vollen Support des Netzwerkes #platznehmen.“ Die Stimmung in den sozialen Netzwerken heizt sich seit heute Morgen kontinuierlich auf.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

René Loch über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Die Staatsanwaltschaften wären links unterwandert? Da kann ich aber nur freudlos lachen. Herr Kasek, Frau Nagel und viele andere können da ein gar trauriges Gegenlied singen.

Schreiben Sie einen Kommentar